Kommentar Helmich: "Ist Wille der Bürger so wenig wert ?"Im Wortlaut

Kommentar · Welch' ein Gesichtsverlust

Bei Rüdiger Helmich stand gestern das Telefon nach der RP-Exklusiv-Berichterstattung nicht mehr still. "Wir werden jetzt überprüfen, ob wir uns wie die Stadt ebenfalls auf das juristische Parkett begeben", so der Sprecher der Baumfreunde. Danach werde das weitere Vorgehen entschieden.

Gleichzeitig ist Helmich von der Stadtverwaltung enttäuscht. "Was ist an einem demokratischen Bürgerbegehren eigentlich so schlimm, dass man zu juristischen Haarspaltereien greifen muss, um es zu verhindern?," fragt er sich mit seinen Mitstreitern. Dann feuert Helmich gleich noch eine Salve Richtung Rathaus hinterher: "Ist denn der Wille von 6000 Emmericher Bürgern so wenig wert, dass deren Meinung auf diese Weise ausgetrickst wird?"

Die Überprüfung der Unterschriftenlisten durch die Stadtverwaltung habe übrigens ergeben, dass 5083 Signaturen gültig sind. Das hat man Helmich mitgeteilt. "Und das sind 33 Stimmen mehr als die größte Emmericher Partei bei der letzten Kommunalwahl erhalten hat." Womit er die CDU meint.

Bei allem Streit: Helmich hofft noch immer auf eine Einigung. Denn: "Der Rat hat noch alle Optionen für eine veränderte Planung."

Die FRAGE auf der Unterschriftenliste lautet: "Sind Sie dafür, den Baumbestand des Rheinparks (außer den acht bis zehn kranken Bäumen) zu erhalten und keine neuen Wege anlegen zu lassen, damit die Wurzeln der vorhandenen Bäume nicht geschädigt werden?"

DIE BEGRÜNDUNG auf der Liste lautet: "Die Ratsmehrheit will den Park dadurch ,transparenter gestalten und Wasser und Hafen erlebbar machen', dass – wie es im Ratsbeschluss heißt – ein breites Parkband ,als Hauptaktionszone (...) mit seitlicher Erfassung durch Betonplatten' durch den Park geführt wird. All das würde die Rodung von circa 50 Bäumen, aber auch die Beschädigung des Wurzelwerks des verbleibenden Baumbestandes bedeuten. Außerdem würde laut dem von der Stadtverwaltung in Auftrag gegebenen Gutachten die Ausdünnung des Baumbestandes die Gefahr des Windwurfs der verbliebenen Bäume extrem verstärken."

Internet Weitere Berichte unter rp-online.de/emmerich

Wochenlang sammeln die Baumfreunde Unterschriften, übergeben sie im Rathaus – und dann? Dann befragen sich die Stadtväter selbst, kommen zu dem Schluss, dass 6000 Unterschriften in dieser Weise gar nicht zulässig sind, ziehen befreundete Juristen hinzu, die diese Meinung bestätigen. Und sagen es dann noch nicht mal mehr den Betroffenen selbst. Die Öffentlichkeit erfährt es erst durch die Rheinische Post.

Welch' ein Gesichtsverlust.

Fürs Rathaus.

Und jetzt?

Die Bürgerinitiative findet ohne Probleme einen Verwaltungsjuristen, der exakt das Gegenteil der Rathaus-Meinung vertreten und damit vor Gericht ziehen wird.

Aber was bringt das? Für die Bürger jedenfalls nichts. Denn der Park soll ja verschönert werden. Nur, dass dabei weniger Bäume abgesägt werden. Ein Gerichtsstreit verzögert das alles um Monate. Der Berliner Zuschuss für den Park wäre damit weg.

Baumfreunde und Politik sind zum Kompromiss verdonnert.

Und wer glaubt, dass die Initiative jetzt kein Druckmittel mehr in der Hand hat, irrt.

Ihre 6000 Unterschriften haben durch die Rathaus-Trickserei sogar noch an Wert gewonnen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort