Emmerich Eine neue Attraktion für Emmerich

Ein Wandgemälde an der Straße Steintor soll daran erinnern, dass Emmerich früher eine wichtige Hansestadt war. 14 Hansestädte sollen so etwas bekommen und sich als Hanse-Bund besser vermarkten.

 Maler und Portraitierte vor dem neuen Wandgemälde am Steintor.

Maler und Portraitierte vor dem neuen Wandgemälde am Steintor.

Foto: Christian Hagemann

Monika Wirtz kämpfte mit den Tränen. Die frühere hauptamtliche Stadtführerin von Emmerich war dabei, als am Montagabend ein neuer Hingucker vorgestellt wurde: das neue Wandgemälde am Steintor 3.

Die Wand, die bis vor einiger Zeit noch leer war, zeigt heute ein Motiv aus der Hansezeit mit dem Schriftzug „Hansestadt Emmerich am Rhein“.

Emmerich war bereits vor Ende des 14. Jahrhunderts eine Hansestadt und lebte durch den Handel mit den Städten an Rhein und Ijssel. Sie ist Mitglied des internationalen Hansebundes, dem 190 Hansestädte aus 16 Ländern angehören. Zur Hansezeit trug Emmerich am Rhein den glorreichen Beinamen „embrica decora – das prächtige Emmerich“.

Die Wirtschaftsförderungs- und Stadtmarketing Gesellschaft versucht seit Jahren, die Hanse in Emmerich wieder aufleben zu lassen. Gemeinsam mit den Städten Kalkar, Grieth, Wesel und Neuss wurde daher 2009 die Rheinische Hanse gegründet. Aus diesem Städtebündnis heraus entstand auch die Rheinische Jugendhanse, ein Zusammenschluss aus Jugendlichen, die sich mit dem Thema Hanse beschäftigen und sich untereinander zu verschiedensten Themen austauschen.

Gemeinsam mit den Partnerstädten der Rheinischen Hanse beteiligt sich Emmerich an einem INTERREG-Projekt zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit von 14 deutschen und niederländischen Hansestädten. Die Wandmalereien sind ein Projekt von Hanzesteden Marketing in Zusammenarbeit mit Niederrhein Tourismus, Toerisme Veluwe Arnhem Nijmegen und dem Netherlands Bureau for Tourism & Congresses. Im Rahmen dieses Projektes wurden bereits zahlreiche größere und kleinere Projekte realisiert, wie z.B. auch der Hanse-Radweg.

Der neue Hanseradweg ermöglicht das Radfahren entlang der Hansestädte, inklusive einem zusätzlichen interaktivem Erlebnis.

Um dieser Route ein zusätzliches Erlebnis zu verleihen, sind in den 14 Hansestädten nicht nur meterhohe Wandmalereien einer alltäglichen historischen Szene mit einem Witz in die Gegenwart versehen, sondern auch durch Augmented Reality in Szene gesetzt und so zum Leben erweckt. So sieht man die Welt der Wandmalerei mit einer zusätzlichen Informationsschicht. Es wird zum Beispiel ein zusätzlicher Händler aus dem Bild auftauchen und die Geschichte der Hansestadt Emmerich am Rhein erläutern.

Das aktuelle Projekt ist die Realisierung von 14 Wandgemälden zum Thema Hanse. Jede der am Projekt beteiligten Hansestädte wird in den kommenden Wochen ein Wandbild erhalten, welches eine Szene aus der Hansezeit darstellt.

Bereits im November 2020 begann die Suche nach einer geeigneten Hauswand in Emmerich. Dies stellte sich als deutlich schwieriger heraus als gedacht. Es wurde dann die Wand des Gebäudes Steintor Nr. 3 ausgewählt. Die Eigentümerfamilie Huven war sofort begeistert von der Idee und stimmte zu, dass Ihre Wand für das Projekt genutzt werden darf.

Nun ist es auch in Emmerich so weit. Die Wand wurde verputzt, grundiert und mit einem Motiv aus der Hansezeit bemalt. Doch bis dahin war es ein langer Weg – denn das Motiv ist nicht willkürlich gewählt.

Hinter der Szenerie steckt eine Geschichte: Hansekaufmann und damaliger Bürgermeister Johann Berck handelt in der Szene mit einem weiteren Kaufmann und Kauffrau um Handelsgut. Handelsgüter waren damals z.B. Fisch, Holz, Wein, Kaffee, Tee oder Wolle. Man denkt dabei z.B. an den Fischerort oder die Wollenweberstrasse. Abgebildet ist Johann Berck, der im Strandkorb Platz genommen hat, dargestellt von Monika Wirtz, der ehemaligen hauptamtlichen Stadtführerin von Emmerich. Monika Wirtz hat viele Jahre lang die Stadt- und Themenführungen in Emmerich geleitet, darunter auch die Hanseführungen als Kaufmann Johann Berck, und sich ganz besonders für die Hanse eingesetzt.

Die Familie Berck zählte um 1500 zu den angesehenen Familien der Stadt. Sie waren Kaufleute und Schiffer und haben dadurch Vermögen und Ansehen erlangt. Der Schöffe Johann Berck wurde 1499 Bürgermeister von Emmerich und gab aufgrund seines Reichtums und knapper Stadtkasse der Stadt ein Darlehen von 1100 Rheinischen Gulden. Heute erinnert noch der Zugang zur Berck‘schen Kapelle in der Martinikirche an den ehemaligen Bürgermeister.

Der zweite Kaufmann auf dem Bild wird dargestellt von Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze, der schon einige Hansetage besucht hat und sich der Hansegeschichte Emmerichs bewusst ist. Die Hansekauffrau wird dargestellt von Dr. Manon Loock-Braun, seit mehr als 20 Jahren zuständig für die Tourismusförderung in Emmerich am Rhein und hansebegeistert seit der ersten Stunde.

Aber was haben ein Strandkorb und die moderne Rheinpromenade in einer historischen Handels-Szene zu suchen? Der Standort ist selbstverständlich nicht zufällig gewählt. Die heutige Promeniermeile war zur Hansezeit Warenumschlag- und Handelsplatz. Bei der Realisierung der Wandmalereien war es wichtig, dass die alte Hanse mit der neuen Hanse verknüpft wird, sodass eine lockere, aber doch sichtbare Verbindung zwischen der Hanse-Vergangenheit und der Gegenwart entsteht.

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