Prozess Zollbeamter teilweise geständig

Emmerich/Kleve · Zwei Mitarbeiter der Emmericher Zollbehörde sollen zum Schmuggel chinesischer Waren in die EU beigetragen haben. Vor dem Klever Landgericht legte der 67-jährige Hauptangeklagte am Dienstag ein Teilgeständnis ab.

  RP-FOTO: Klaus-Dieter Stade

RP-FOTO: Klaus-Dieter Stade

Foto: Klaus-Dieter Stade (kds)

In einem früheren Zollgebäude in Emmerich wohnt der 67-Jährige Pensionär, der sich wegen bandenmäßigen Schmuggels in 230 Fällen vor dem Klever Landgericht verantworten muss. Dort findet ihn auch die Polizei am Morgen des 26. November – dem Morgen, an dem der Mann eigentlich zum Prozessauftakt an der Klever Schwanenburg erscheinen soll. Weil er nicht pünktlich erscheint, wird er von der Polizei vorgeführt. Der Angeklagte macht einen mitgenommenen Eindruck. Ein Selbstmordversuch klingt durch – groß verhandelt wird am 26. November nicht mehr.

Zum zweiten Verhandlungstag am Dienstag erscheint der 67-Jährige pünktlich – wiederum zwangsweise, diesmal aus der Untersuchungshaft in der JVA Kleve. Ohne Handschellen erscheint der 61-jährige Mitangeklagte – ein suspendierter Zollbeamter. Die Staatsanwaltschaft trägt die Anklage vor: Bandenmäßigen Schmuggel soll der 67-Jährige in 230 Fällen begangen und zudem das Dienstgeheimnis verletzt haben. Dabei soll er dem Fiskus einen Schaden von fast vier Millionen Euro zugefügt haben. Dem Mitangeklagten wird Steuerhinterziehung in 31 Fällen vorgeworfen (knapp 500.000 Euro Schaden).

Beide sollen 2012 bis 2014 als Beamte des Emmericher Zollamtes dazu beigetragen haben, dass Waren aus China – meist mit dem Zielland Polen – nicht ordnungsgemäß verzollt wurden. Kurios ist der Anklagevorwurf zunächst, weil Emmerich nicht gerade auf halber Strecke zwischen Polen und Hamburg, dem europäischen Eingangsort der Waren, liegt. Doch es ist so, dass nicht alle Waren, die in die EU eingeführt werden, schon am Ankunftsort kontrolliert und verzollt werden müssen. Möglich macht dies das sogenannte T1-Verfahren, das die Anfahrt eines beliebigen Zollamtes innerhalb der EU zur Prüfung erlaubt, wenn man dies vorher beantragt. Die Beweger der chinesischen Waren beantragten es, und gaben als Prüfungsort Emmerich an.

Dass der Umweg über Emmerich von Hamburg bis zum polnischen Zielort Wolka Kosowska 600 zusätzliche Kilometer Umweg bedeutet, machte beim Zoll offenbar jahrelang niemanden stutzig. Und so sollen die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft Lieferungen am Emmericher Zollcomputer als geprüft markiert haben, obwohl die Waren niemals Emmericher Boden sahen.

Zu den Anklagevorwürfen ließ sich am Dienstag nur der 67-jährige Hauptangeklagte ein: Er habe 1974 beim Zoll angeheuert, sei in Emmerich unter anderem im Rauschgifttrupp und als Hundeführer tätig gewesen. Seit 2007 habe er dann in der Warenabfertigung gearbeitet, im mittleren Dienst. Dort habe er aber keinesfalls das Dienstgeheimnis verraten – und auch die Zahl von mehr als 200 Schmuggelfällen könne nicht stimmen, so der Angeklagte. In einigen Fällen, ja, so mag es wohl gewesen sein, so der Angeklagte. Wie viele, will die Kammer wissen. „20, 30, 40, 50 werden es wohl gewesen sein“, sagt der 67-Jährige. Aber, so der Angeklagte: „Ich hatte keine Vorteile davon, habe keine Geldleistungen oder sonst irgendwas erhalten.“ Druck seitens Vorgesetzter habe da schon eher eine Rolle gespielt: „Die da oben haben uns immer gesagt, dass Zollämter, die zu wenige Fälle bearbeiten, zugemacht werden.“ Der Erhalt der Dienststelle in Emmerich sei aus seiner Sicht nicht anders zu erreichen gewesen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort