Gedenkfeier im Rathaus „Einer der dunkelsten Tage Emmerichs“

Emmerich · Gedenkfeier im Rathaus an die Zerstörung der Stadt am 7. Oktober 1944. Zeitzeugen erinnern sich an den Angriff.

 Gedenkfeier zum 7. Oktober 1944, Bürgermeister Peter Hinze spricht im Europasaal des Rathauses.

Gedenkfeier zum 7. Oktober 1944, Bürgermeister Peter Hinze spricht im Europasaal des Rathauses.

Foto: Stadt Emmerich

„Der 7. Oktober 1944 war einer der dunkelsten Tage in der Geschichte unserer Stadt.“ Anlässlich des 75. Jahrestages der Zerstörung Emmerichs hatte Bürgermeister Peter Hinze alle Bürger am Montagabend zu einem Empfang ins Rathaus eingeladen. Die Resonanz war sehr groß, unter den Gästen war Peter de Baat, Bürgermeister von Montferland, und Lucien van Riswijk, Bürgermeister von Zevenaar.

 In den Fluren des Rathauses waren Bilder zu sehen, die Emmerich vor und nach der Zerstörung zeigen.

In den Fluren des Rathauses waren Bilder zu sehen, die Emmerich vor und nach der Zerstörung zeigen.

Foto: Stadt Emmerich

„Ich weiß, dass heute auch einige unter uns sind, die den 7. Oktober 1944 nicht nur aus Erzählungen, sondern am eigenen Leib erlebt haben. Es bewegt mich sehr, dass Sie den Weg hierhin gefunden haben“, so Hinze. „Der Tag begann als schöner, sonniger Herbstsamstag. Kein Mensch konnte sich morgens vorstellen, welches unermessliche Leid er über die Bewohner Emmerichs bringen würde. Gegen Viertel nach Zwei erreichten alliierte Bombenverbände Emmerich und warfen ihre Tod und Zerstörung bringende Fracht über die Stadt ab. 600 Menschen ließen ihr Leben, 97 Prozent der Stadt waren zerstört.“

Peter Hinze erzählte die Geschichte einer 1932 geborenen Zeitzeugin, die die schweren Stunden als Zwölfjährige erlebte. Sie war zum Milchholen unterwegs, als die Sirenen heulten und sie im Luftschutzkeller des Gymnasiums Zuflucht fand. Nach dem Angriff wurden alle zum Bahnhof gebracht, unterwegs sah sie in der Mennonitenstraße ihre tote Tante Frieda liegen. Mit Lastwagen ging es nach Empel, wo sie in einer Halle eine Unterkunft bekamen. Erst am nächsten Tag fand sie ihre Mutter wieder.

Hinze: „Wir, die nachfolgende Generationen, können den Schmerz, die Trauer und das Ausmaß der Zerstörung allenfalls erahnen, aber niemals nachempfinden. Was wir können ist, die Ereignisse des 7. Oktober und ihre persönlichen Geschichten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und – das ist das Wichtigste – daraus unsere Lehren ziehen für unser Miteinander hier vor Ort und in der Welt.

Begonnen hatte der Abend mit einem Friedensgebet in der Christuskirche. Die evangelische Pfarrerin Anke Mühlenberg-Knebel und Pfarrer Thaddeus Eze gestalteten es. „Aus dem Schutt und der Asche von damals ist wieder eine schöne Stadt entstanden. Das ist ein Wunder des Friedens“, sagte der Pfarrer. Ein Vertreter der eritreisch-orthodoxen Gemeinde verlas einen Bibeltext aus dem Johannes-Evangelium in seiner Muttersprache. Die Pfarrerin regte an zum Nachdenken über das Psalmwort: „Suche den Frieden und jage ihm nach.“

Im Rathaus projizierte Lichtkünstler Oliver Kretschmann Aufnahmen der Zerstörung mit einem Overhead-Projektor an die Wände im Eingang und im zweiten Stockwerk. Außerdem war eine Ausstellung zu sehen. Bereits 1990 hatte Herbert Schüürman diese zusammengetragen. Sie zeigt die Innenstadt vor und nach der Bombardierung. Kernstück sind die Fotografien, die Albert „Batje“ Schmitz 1944 von den Zerstörungen machte.

„Da habe ich früher gespielt“, sagte Rüdiger Muhl und zeigte auf ein Foto vom Hafen. Er erzählte, dass es bereits am 28. September schon einen Angriff gegeben habe und etliche Bewohner evakuiert worden waren. Sonst hätte es wahrscheinlich noch mehr Tote gegeben, sagte der Emmericher, der den Angriff als Zehnjähriger in einem Graben in Dornick erlebte. „800 Flugzeuge in der Luft, den Anblick werde ich nie vergessen.“

Morgens war der Himmel blau, nach der Bombardierung war dunkle Nacht, weil es überall verbranntes Papier regnete. Christian Beckschäfer kennt die Bilder der Zerstörung. Er war damals aber nicht in Emmerich, weil sein Vater Fahrlehrer für die Soldaten war und die Familie ihm dahin folgte, wo er eingesetzt wurde. „Meine Großeltern wohnten am Neuer Steinweg“, sagte er.

Ein 85-jähriger Zeitzeuge erzählte, wie er den Tag in Vrasselt überlebte. „Es ist wichtig, dass der 7. Oktober ein wichtiger und zentraler Teil der Erinnerungskultur in unserer Stadt bleibt. Das sind wir den Opfern dieses traumatischen Tages im Herbst 1944 schuldig“, so der Bürgermeister.

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