Emmerich Fungarden: Verteidigung will Zweifel an Zeuginnen säen

Emmerich · Eine ganze Reihe neuer Zeugen soll die Glaubwürdigkeit mutmaßlicher Opfer erschüttern.

Razzia in Bordellen in Emmerich
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Fast schien es, als neigte sich die langwierige Beweisaufnahme im Prozess um das Bordell "Fungarden" dem Ende zu, da überraschten die Verteidiger der Angeklagten gestern mit einem bunten Frühlingsstrauß neuer Beweisanträge. Gibt die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kleve diesem Begehren statt, dürfte dies die Reisebranche beflügeln - die neu benannten Zeugen leben in Serbien, Ungarn und der Ukraine.

Außerdem will Verteidiger Michael Bonn auch einen Mediziner aus Rees zu Wort kommen lassen. Bei dem Arzt habe sich der Angeklagte Esed D. wegen seines Kokainmissbrauchs, Angstzuständen und Überforderung psychiatrisch behandeln lassen. Dies deute darauf hin, dass der Bordellbetreiber in einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt haben könnte.

Esed D. (53) muss sich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Olga G. (40) wegen einer Vielzahl von Delikten verantworten, die mit dem Betrieb des florierenden Bordells "Fungarden" einhergegangen sein sollen. Zuletzt hatte Esed D. Steuerhinterziehung eingeräumt. Gar nicht einverstanden ist er dagegen mit dem Anklagevorwurf des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft.

Um die Vorwürfe zu widerlegen, sollen nun nach dem Willen der Verteidigung neue Zeugen aus ganz Europa gehört werden.

Das Ziel der Verteidigung ist es, die Glaubwürdigkeit zweier Zeuginnen zu erschüttern. Die beiden Frauen aus der Ukraine und Ungarn hatten im "Fungarden" gearbeitet und vor Gericht — teilweise hoch emotional — von ihrem Schicksal erzählt. Dass sie nicht wussten, dass sie als Prostituierte arbeiten sollten. Dass sie geschlagen wurden. Dass Zuhälter für sie bezahlt wurden.

Die neuen Zeugen sollen belegen, dass die beiden Frauen sehr wohl wussten, was sie in Emmerich erwarten würde - und, dass eine von ihnen bereits vor ihrer Zeit im "Fun Garden" als Prostituierte tätig war.

Die Anwältin Petra-Maria Borgschulte, Vertreterin der Nebenklage, stellte dem die Mail eines ungarischen Polizisten entgegen. Ihm zufolge wurde die besagte Zeugin aus Ungarn von dem Zuhälter, der sie nach Deutschland gebracht hatte, bedroht. Und dieser ist ausgerechnet einer der Männer, die nun neu als Zeugen aussagen sollen.

Am Rande berichteten drei Zollbeamte von spontanen Überprüfungen des Fungarden. Einer von ihnen hatte danach ein behördenübergreifendes Treffen mit Mitarbeitern der Rentenversicherung und der Steuerfahndung veranlasst. Das Ergebnis: "Alle Teilnehmer hatten Zweifel, dass die Frauen Selbstständige sind", so der Zeuge.

Der Prozess wird am 22. März fortgesetzt.

(dau)
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