Emmerich Fungarden: Prozess gegen ganze Branche

Emmerich · Der Stille Teilhaber Ali E. gab offen zu, dass Geld für Frauen an Zuhälter gezahlt worden sei.

 Olga G. und Esed D. auf der Anklagebank.

Olga G. und Esed D. auf der Anklagebank.

Foto: mvo

Rechtsanwalt Andreas Kost präsentierte dem Landgericht Kleve im "Fungarden"-Prozess am Freitag eine Liste mit fünf Betreibern von in der Nähe gelegenen Etablissements, verbunden mit der Aufforderung, diese doch bitte als Zeugen zu laden. Denn auf der Anklagebank sitzen der Bordellbetreiber Esed D. (53) und seine Lebensgefährtin Olga G. (40). Doch verhandelt wird auch über das Geschäftsmodell einer ganzen Branche.

Auch andere Clubs werben offensiv damit, dass die dort arbeitenden Frauen "selbstständig" seien. Wenn die Prostituierten im Fungarden aber scheinselbstständig waren, könnte das weitere Ermittlungsarbeit nach sich ziehen.

Auch wurde gestern ein weiteres Mal Ali E. vernommen, der stille Teilhaber des "Fungarden", der dafür 10 000 Euro monatlich kassiert. Dass dieses Geld momentan nicht mehr fließt, sorgte bei ihm erkennbar für schlechte Laune.

Er bestätigte, dass bei einem Vermerk in dem geheimen Kassenbuch ("4000 Euro Ungarn") um eine Zahlung für acht Frauen an eine Zuhälterin ("Big Mama") gegangen sei: "Ja sicher stimmt das!" Bei kleineren Summen habe es sich um Darlehen an die Prostituierten gehandelt, bei größeren Summen um Geld, das für sie gezahlt worden sei. Ebenfalls zu Wort kam ein Lieferant (49): "Mädchen geschlagen? Ich kann mir das nicht vorstellen. Das einzige, was für möglich halte, ist, dass D. die Nerven durchgegangen sind und die Hand einmal ausgerutscht ist. Ich habe nie blaue Flecken gesehen, außer einmal, als ein Mädchen auf hochhackigen Schuhen an der Stange ausgerutscht ist." Olga G. habe sich sehr um die Frauen gekümmert.

Ein Arzt, dem sich D. wegen Kokainsucht und Depressionen anvertraute, schilderte, wie hart es für den Angeklagten gewesen sei, das Geschäft am Laufen zu halten. Der 73 Jahre alte Mediziner: "D. ist — so groß und stark er auch sein mag - ein empfindlicher und unsicherer Mensch, der den Ehrgeiz hat, etwas Positives zu schaffen."

Weiterer Beistand kam von einem Kommunikationsdesigner (62), der den "Fungarden" werblich betreut hatte: "Für mich sind beide [Angeklagte] Ehrenleute."

Zu den Vorwürfen wegen Menschenhandels sollen weitere Zeugen gehört werden. Die Angeklagte Olga G. fand zu den Anschuldigungen emotionale Worte: "Diese Lügerei lasse ich nicht auf mir sitzen!"

Der Prozess wird am 22. April fortgesetzt.

(daute)
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