Emmerich Flüchtlinge ziehen auf eigene Faust weiter

Emmerich · Von den 150 Personen, die vergangene Woche aus Passau gebracht wurden, sind nur noch 58 da.

Flüchtlinge: Zelte, Kirchen, Schiffe - hier werden sie untergebracht
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Turnhallen, Kirchen und Schiffe: Wo Flüchtlinge wohnen können

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Foto: dpa, rwe jai

Von Passau nach München sind es 190 Kilometer. Was für eine geringe Distanz angesichts einer Flucht von mehreren tausend Kilometern von Afghanistan nach Deutschland. Dennoch sind diese 190 Kilometer derzeit eine unüberwindbare Hürde für einen jungen Mann aus Afghanistan, der seit der vergangenen Woche in Emmerich in der Hansahalle lebt. Er ist einer von 150 Flüchtlingen, die vor wenigen Tagen in einem Bus von Passau nach Emmerich gebracht wurden und hier nun in einer Art Auffanglager untergebracht sind.

Wie schön wäre es für den Mann wohl gewesen, hätte er in Bayern kurz nach dem Start der Fahrt irgendwo aussteigen und sich nach München durchschlagen können. Da lebt nämlich sein Cousin - das, was ihm derzeit von Familie also geblieben ist. Doch er sitzt in Emmerich fest und traut sich nicht, sich auf den Weg nach München zu machen. Das würde nämlich den deutschen Registrierungsvorschriften widersprechen, die die Behörden für die Flüchtlinge haben.

Andere in der Hansahalle haben sich getraut. Von den 150 Menschen sind noch 58 in Emmerich. Die übrigen haben sich auf eigene Faust auf den Weg gemacht. Einige haben sich Bahntickets nach Schweden besorgt, andere sind in Deutschland zu Verwandten unterwegs. Wo sie allerdings sind, wissen die Behörden derzeit nicht, sondern erst dann, wenn sie sich dort, wo sie hinwollten, registrieren lassen.

Deutlich wurde das bei der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses im Rathaus. Da erklärte Bürgermeister Peter Hinze den Stand der Dinge den Ratsmitgliedern. Die verstanden das zunächst teilweise nicht richtig und waren davon ausgegangen, dass die Menschen, wenn sie einmal in Emmerich sind, hier auch einige Tage bleiben und dann geordnet auf andere Städte verteilt werden. Dass die Menschen ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und sich so kurz vor dem Ziel nicht von den Behörden davon abhalten lassen, bei ihren Familien und Freunden zu sein, musste sich der ein oder andere erst einmal bewusst machen. Oder wie Peter Hinze es formulierte: "Wir hatten am Freitag eine Informationsveranstaltung im Stadttheater für die Bürger. Ich finde es sehr schade, dass nur sehr wenige Ratsmitglieder dort waren. Sie sind für uns wichtige Multiplikatoren, die der Bevölkerung erklären können, wie der Stand der Dinge in Emmerich ist."

(ha)
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