Nach Diebstahl in Emmerich Fahndung: Seit Monaten unerkannt

Emmerich  · Im November stahl der Tatverdächtige einer Frau in Emmerich EC-Karte und Masterkarte. Die Emmericherin erlitt einen Schaden von mehreren tausend Euro. Warum gibt es erst jetzt die Bilder?

 Das ist der Tatverdächtige

Das ist der Tatverdächtige

Foto: polizei

Diesen Tag wird das Opfer aus Emmerich wohl nie vergessen. Am 4. November um 16 Uhr entwendete ein unbekannter Tatverdächtiger ihr Portemonnaie in einem Supermarkt in Emmerich.

In der Geldbörse befanden sich unter anderem auch die EC-Karte  sowie die Masterkarte der Frau. Neben insgesamt sechs Abbuchungen mit den entsprechenden Karten an verschiedenen Geldautomaten mit einem Schaden von 3000 Euro wurde mit der Masterkarte der Geschädigten noch am selben Tag um 16.23 Uhr eine Abbuchung von mehreren hundert Euro an einem Geldautomaten in den Niederlanden getätigt. Dabei wurde ein Tatverdächtiger von der Videokamera festgehalten.

Fahndung nach Diebstahl in Emmerich
Foto: polizei

Nun versucht die Polizei mit diesen Bildern den Unbekannten ausfindig zu machen. Denn es steht zu vermuten, dass er der Mann ist, der der Frau die Karte gestohlen hat.  Oder zumindest mit dem Dieb unter einer Decke steckt.

Fahndung nach Diebstahl in Emmerich
Foto: polizei

Das ist natürlich wichtig, gilt es doch, den Schaden, der der Frau entstanden ist, wieder rückgängig zu machen. Und natürlich ist es wahrscheinlich, dass dieser Mann alleine oder gemeinsam mit anderen solche Taten auch weiterhin begeht und seit November auch schon begangen hat.

Doch wieso veröffentlicht die Pressestelle der Polizei erst jetzt die Aufnahmen? Warum sind schon viel eher? Möglicherweise sind er oder die Täter ja schon über alle Berge.

Zeit also für einen Ausflug in die Juristerei und die deutsche Gesetzgebung.

Frage eins: Kann die Polizei selbst entscheiden, ob sie mit den Fotos nach Tätern fahndet?

Die Antwort ist klar: Nein. Voraussetzung für eine Öffentlichkeitsfahndung mit Hilfe der Fotos ist ein Beschluss eines Richters.

Daran schließt sich die Frage an: Warum dauert es oftmals so lange, bis die Polizei mit Fahndungsfotos an die Öffentlichkeit geht?

Die Antwort: Auch wenn es komisch klingt: Grund ist der Schutz des Tatverdächtigen.

Denn eine öffentliche Fahndung bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre des Tatverdächtigen. Da grundsätzlich die Unschuldsvermutung gilt, steht zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht fest, ob es sich bei der Person auf dem Foto tatsächlich um den Täter handelt.

Ein Fahndungsfoto in der Öffentlichkeit bedeutet einen so schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre des Tatverdächtigen, dass die Polizei zunächst alles daran setzt, den Tatverdächtigen nicht mit öffentlicher Ermittlungsarbeit zu erwischen. Sollte das nicht gelingen, beantragt sie bei Gericht eine Öffentlichkeitsfahndung. Bis dahin können Wochen, Monate und in Einzelfällen sogar Jahre vergehen.

Es gibt eine wichtige Ausnahme: Falls Gefahr im Verzug ist, können die Ermittler auch sofort öffentlich nach den Tätern fahnden. Das bedeutet: Sollte die Möglichkeit bestehen, dass der Täter in Kürze weitere Straftaten verübt, können die Ermittler das Foto auch sofort in die Fahndung geben. Voraussetzung hierfür ist ebenfalls ein richterlicher Beschluss.

Im Emmericher Fall stellt sich die Frage der Gefahrenlage natürlich. Deshalb ist festzuhalten: Es gibt einen weiteren Grund. „Die Arbeitsbelastung insbesondere in der Strafjustiz ist enorm hoch“, sagte jüngst Sven Rebehn, Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes. „Vor allem die Staatsanwaltschaften haben sich zum Nadelöhr bei der Strafverfolgung entwickelt.“

Nach den Berechnungen des Verbandes braucht Deutschland 2000 zusätzliche Richter und Staatsanwälte. Strafverfahren seien häufig aufwendiger als noch vor 10 oder 20 Jahren. Verfahren würden eingestellt oder dauerten immer länger. „Das sind deutliche Anhaltspunkte für eine überlastete Justiz“, sagte Rebehn.

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