Reisebericht Emmericherin auf Off-Road-Trip durch Schweden

Emmerich · Die Emmericher RP-Mitarbeiterin Monika Hartjes hat sich auf ein einwöchiges Trekking-Abenteuer durch die Wälder an der norwegisch-schwedischen Grenze begeben. Was sie dabei erlebte, hat sie aufgeschrieben.

 RP-Autorin Monika Hartjes wanderte eine Woche durch Schweden.

RP-Autorin Monika Hartjes wanderte eine Woche durch Schweden.

15 Kilometer täglich wandern mit Rucksack – so stand es in der Reisebeschreibung. „Das schaffe ich locker“, dachte ich und meldete mich an für eine Trekking-Tour durch Schwedens Wälder. Mein Rucksack wog neun Kilo, also nicht allzu viel.

Nach 20-stündiger Busfahrt ab Münster – unterbrochen von einer dreiviertelstündlichen Fährfahrt nach Dänemark und einer 20-minütigen nach Schweden – kamen wir in dem Camp in Gammeldyn in Mittelschweden an, wo wir mit einem leckeren Frühstücksbuffet empfangen wurden. „So darf es ruhig weitergehen“, dachten wir, eine Gruppe von sechs Personen, zwischen 19 und 60 Jahre alt: Adrian und Anna aus Berlin, Sabrina aus Oldenburg, Mario aus Dresden, Til aus Frankfurt und ich aus Emmerich.

Aber so ging es nicht weiter. Jede Mahlzeit musste ab sofort selber geschleppt und zubereitet werden. David, unser Guide, ließ uns zunächst die Zelte und das Kochzubehör aufladen – für jeden rund vier Kilogramm mehr – und dann die Lebensmittel. Was verbrauchen sieben erwachsene Menschen in drei Tagen? Da wir alle darauf keine Antwort wussten, packten wir sehr zögerlich ein, schließlich musste alles getragen werden. Die Rücksäcke wogen mittlerweile rund 14 bis 16 Kilogramm. „Jetzt kommen für jeden noch mindestens zweieinhalb Liter Wasser dazu“, sagte David angesichts von 30 Grad Hitze, die in Schweden herrschte. Und dann hieß es am späten Nachmittag noch: alles aufladen, es geht los.

Nach rund sieben Kilometern schlugen wir die Zelte bei einer Hütte auf, wegen der Feuergefahr durfte draußen nicht gekocht werden. Wir hatten Glück, dass wir mit Til einen Kochlehrling im dritten Lehrjahr hatten, der sein Handwerk verstand und aus fadem Couscous oder trockenen Tofu-Würfeln mit Kräutern und Gewürzen schmackhafte Gerichte zauberte.

Schon am zweiten Tag mussten wir die Lebensmittel rationieren. Zum Frühstück gab es drei Esslöffel Müsli mit Milchpulver und Wasser und ein Vollkornbrot, unterwegs einige Scheiben Käse und Salami. Wir wussten, am dritten Abend konnten wir alles auffüllen. Kaufen ging nicht, weit und breit gab es kein Geschäft. Ich habe in der ganzen Woche keinen Cent ausgegeben.

 Während der Wanderung fand sie auch zahlreiche essbare Beeren.

Während der Wanderung fand sie auch zahlreiche essbare Beeren.

20 Kilometer hatten wir am folgenden Tag vor uns, über Wege, die eher Trampelpfaden glichen oder überhaupt nicht vorhanden waren, dann musste der Kompass helfen. Immer mit Blick auf den Boden, damit man nicht über Wurzeln, Felsen und Baumstämme stolperte, entdeckten wir Echsen, riesige Ameisenhügel, Spuren und Hinterlassenschaften von Bibern, Rehen und Elchen – aber „in echt“ fanden wir sie nicht. Dafür fanden andere Viecher uns: Wir wurden von Mücken und Bremsen umschwirrt. Abends kamen wir an einer Holzhütte mit Plumpsklo an. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas mal als Luxus-WC bezeichne“, sagte ein Teilnehmer.

Am nächsten Tag kamen wir an einem Fluss, wo wir unseren Wasservorrat auffüllten. „Da gehen wir jetzt durch“, sagte unser Guide. „Der spinnt“, dachte ich noch, doch schon stand er samt Schuhen und Socken knietief im Wasser und wir watschelten hinterher. Sehr erfrischend! Zwei fielen sofort  – in voller Montur – in den Fluss, die anderen nahmen ein Bad bei der Rast.

Am dritten Tag freuten wir uns auf das Lebensmittel-Depot, denn unser Vorrat war äußerst knapp. Wir frischten ihn auf mit Waldfrüchten, fanden unter anderem Moltebeeren, die teuersten Beeren der Welt. Früher wurden die Sammelfelder sogar mit dem Schrotgewehr bewacht. Wir aßen die Früchte händevoll, doch ehrlich: Die Him-, Heidel- und Walderdbeeren, die wir sammelten, fand ich leckerer.

Bevor wir am Depot etwas einpackten, packten wir erst mal aus. Wir drei Frauen einigten uns darauf, gemeinsam in einem Zwei-Personen-Zelt zu übernachten, so konnten wir eines sparen. Überflüssige T-Shirts, Handykabel und sogar 20 Milliliter Zahnpastatuben blieben im Lager – jedes Gramm weniger zählte. Dafür packten wir die Essenswaren ein, sogar so viel, dass ich die nächsten vier Tage fünf Beutel Käsespätzle umsonst mitschleppte. Außerdem verputzten wir an diesem Abend gemeinsam fünf Tafeln Schokolade.

Nach einer Nachtwanderung – in Schweden wird es im Sommer ja nicht richtig dunkel – bauten wir um Mitternacht die Zelte auf, standen aber wieder früh auf, weil wir uns um 4.17 Uhr den Sonnenaufgang ansehen wollten: Ein atemberaubender Anblick, wie sich im orangefarbenen Licht Bäume und Wolken in dem glatten See spiegelten. Am Nachmittag wurden wir von einem Gewitterregen überrascht Eng standen wir unter einer Plane zusammen, wobei es aus der „Regenrinne“ direkt in meine Schuhe plätscherte, die nachher bei jedem Schritt schwappten.

 Traumhafte Landschaften und Ausblicke bieten sich besuchern. Hier bei Sonnenaufgang.

Traumhafte Landschaften und Ausblicke bieten sich besuchern. Hier bei Sonnenaufgang.

Foto: Monika Hartjes

Das war auch dringen nötig: Flüsse waren ausgetrocknet, an einer Hütte war der Brunnen leer, so ging der Wasservorrat zu Neige. Im Zeitalter des Handys wären wir zwar nicht verdurstet, Leute aus dem Camp hätten uns Wasser gebracht, aber das wollten wir nicht. So wanderten wir, bis wir einen kleinen Bach fanden und füllten die Flaschen, denn an diesem Tag waren wir sieben Stunden quer durch den Wald unterwegs. Am vorletzten Tag wartete dann noch eine weitere Herausforderung auf uns: 100 Höhenmeter auf 500 Meter Strecke mussten bewältigt werden. Den Berg kraxelte ich teilweise auf allen Vieren hinauf.

Im Camp bauten wir unsere Zelte ein letztes Mal auf und waren traurig, denn die Gruppe war zusammengewachsen durch die gemeinsam bewältigten Aufgaben. Wir durften mit Kanus über einen See paddeln und so bekam ich zu den (wenigen) Blasen an den Füßen auch noch eine an den Händen – aber es machte viel Spaß. Die sieben Tage Trekking ließen mich den Alltag vergessen.

Aber nach diesem Abenteuer weiß ich vieles wieder mehr zu schätzen: saubereres Trinkwasser genauso wie gutes Essen, moderne sanitäre Anlagen und besonders – mein eigenes Bett.

(moha )
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