Emmerich Extrarunde vor dem Landgericht

Emmerich · Der Bundesgerichtshofs in Karlsruhe ließ die Revision eines Drogendealers zu. Grund waren minimale Fehler bei der Urteilsbegründung im September. Der Emmericher (28) wurde am Montag in Kleve erneut verurteilt. Diesmal zu viereinhalb Jahren Haft.

 Das Amts- und Landgericht in Kleve.

Das Amts- und Landgericht in Kleve.

Foto: dpa/Jan-Philipp Strobel

(dau) Er wolle zukünftig als Schausteller arbeiten, eine Schießbude besitze er bereits, sagte der 28 Jahre alte Mann aus Emmerich am Montag vor Gericht. Doch die zweite große Jugendstrafkammer unter Vorsitz von Richter Gerhard van Gemmeren erteilte diesen Plänen erst einmal einen mehrjährigen Aufschub, indem sie den Mann wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilte.

Zu einer ähnlichen Erkenntnis war eine andere Strafkammer des Landgerichts Kleve bereits im September vergangenen Jahres gekommen. Allerdings hatte der Emmericher das Urteil so nicht hinnehmen wollen und über seinen Anwalt eine Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Die Richter in Karlsruhe schauten sich also das erste Urteil genauer an und fanden in der Tat bei den 14 abgeurteilten Straftaten drei kleine Fehler und beanstandeten zudem, dass nicht genau genug erwogen worden sei, ob er einer Therapie bedürfe.

Die minimalen Fehler lagen darin, dass bei der Bemessung der Strafe für drei Delikte der Drogenkonsum des Angeklagten nicht in Rechnung gestellt worden sei. Von den beim Angeklagten gefundenen Substanzen hätte ein Drittel für Eigenkonsum abgerechnet werden müssen, dies sei nicht ausdrücklich in der Urteilsbegründung erwähnt worden, so die Bundesrichter.

Deshalb gestern die Extrarunde vor dem Landgericht Kleve. Es war klar, dass die Schuldsprüche wegen Drogenhandels, bewaffneten Drogenhandels und der Abgabe von Drogen an Minderjährige Bestand haben würden – die Frage war, wie hoch die neue Gesamtstrafe, aus den Einzeldelikten gebildet, ausfällt und was der Sachverständige Chefarzt Jack Kreutz zum Gesundheitszustand zu sagen hat.

Der Angeklagte selbst schilderte erneut in groben Zügen sein Leben in sozialer Randständigkeit. Keine Berufsausbildung, eine Zeit lang als Landarbeiter beschäftigt, kurzzeitig obdachlos, dann von den Behörden in eine Einzimmerwohnung an der ‘s-Heerenberger Straße untergebracht, die sich den Ermittlern bei einer Durchsuchung in völliger Verwahrlosung präsentierte. „Ich war gerade dabei, mich neu einzurichten“, so der Angeklagte., er habe bereits einen Kredit bei der Agentur für Arbeit beantragt gehabt.

Der psychiatrische Sachverständige schilderte die Ergebnisse einer neuerlichen Exploration: „Eine ausgeprägte Substanzkonsumstörung ist nicht zu erkennen.“ Doch selbst wenn man eine verschärfte Suchtproblematik annähme, hätte eine Therapie keinerlei konkrete Erfolgsaussichten. Der Angeklagte sei zwar depressiv, doch infolge einer hochwirksamen Medikation „sozial funktionstüchtig“.

Staatsanwalt Gerd Schulte forderte im Plädoyer, die ursprüngliche Strafe beizubehalten, während der Verteidiger auf die besondere Haftempfindlichkeit seines Mandanten hinwies und für eine deutlich geringere Haftstrafe plädierte. Das Gericht wählte einen Mittelweg und verminderte die Strafe um drei Monate, die Belastungen durch das lange Verfahren seien strafmildernd zu berücksichtigen.

(dau)
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