Schnaps aus Rees Als Rees die ganze Welt grüßte

Rees · 15 Jahre ist es her, dass der RP-Redakteur Michael Scholten auf eine 14-monatige Weltreise ging. Mit im Gepäck waren damals die Kräuterschnapsflaschen mit dem „Gruß aus Rees“. Wie es damals zu der Reise kam und wie die Idee mit den Portraits aus verschiedenen Ländern entstand.

 In Vietnam hält ein Mann den Schnaps vom Niederrhein in der Hand.

In Vietnam hält ein Mann den Schnaps vom Niederrhein in der Hand.

Foto: Michael Scholten

Corona hat das Reiseverhalten vieler Menschen verändert. Auch das von RP-Autor Michael Scholten. Einst ein Globetrotter, sitzt der Vater zweier Söhne jetzt in Rees fest und stillt sein Fernweh durch das Blättern in alten Fotoalben. Das gab ihm die Gelegenheit, eine besondere Fotoserie zusammenzustellen: Bilder von Menschen aus aller Herren Länder, die eine kleine Kräuterschnaps-Flasche in die Kamera halten, auf der ein „Gruß aus Rees“ steht. Wie die Bilder vor 15 Jahren entstanden, erläutert Scholten in der Rheinischen Post. „Die Hamburger Wohnung war verkauft, die Arbeitsstelle gekündigt und der Koffer gepackt. Einen Tag, bevor ich 2007 von Rees aus zu einer 14-monatigen Weltreise aufbrach, kam noch Besuch. Gertrud Drießen aus Rees wünschte eine gute Reise und hatte ein kleines Proviantpaket geschnürt. Darin waren auch zwei Rees-Fläschchen aus Jupp Bockems Getränkemarkt. So sollte ich die Reeser Heimat immer bei mir tragen. Bei mir waren die Flaschen in guten Händen. Schließlich trinke ich keinen Alkohol. Gleich im ersten Reiseland, der Mongolei, verschenkte ich das erste Exemplar. Der Besitzer einer Kamelstute, zwischen deren Höckern ich sitzen durfte und unfallfrei durch den Wüstensand ritt, war hocherfreut. Auch wenn es sein Gesicht nicht so richtig zeigen wollte, als ich ein Erinnerungsfoto vom „Gruß aus Rees“ in der Wüste Gobi machte. Nun hatte ich nur noch eine Flasche übrig. Die wollte ich für ein besonderes Motiv aufheben. In China, in Japan und in Singapur blieb sie in der Tasche, aber als ich in Papua-Neuguinea eintraf, dem vielleicht exotischsten Land der Weltreise, war der zweite Schnaps fällig. Zwei Herren in traditioneller „Tracht“, also fast nackt und mit Lehm und Kalk zu Skeletten bemalt, waren die idealen Fotomodelle. Nun waren aber meine Reserven aufgebraucht, sodass in Australien, Neuseeland und auf Fidschi sowie in Süd-, Mittel- und Nordamerika keine vergleichbaren Bilder entstanden. Zu Weihnachten 2007 war ich kurz bei meiner Familie, weil Rees ja auch zur Welt(reise) gehört. Zwischen den Jahren hielt ich im Bürgerhaus einen gut besuchten Vortrag über die ersten 20 Stationen der Weltreise. Die beiden „Gruß aus Rees“- Fotos aus der Mongolei und Papua-Neuguinea kamen gut an. Auch Jupp Bockem nahm Kontakt zu mir auf und ließ große Poster von beiden Motiven anfertigen. Vor allem aber stattete er mich mit 20 weiteren Rees-Schnäpsen für 20 weitere Länder aus. Jetzt wurde es zu einem festen Ritual, in Afrika, in Asien und im Kaukasus freundlichen Reiseleitern oder lokalen Zufallsbekanntschaften einen „Gruß aus Rees“ in die Hand zu drücken und sie zu porträtieren.  Beim Blick auf die Fotos werden Erinnerungen wach an den Palastwächter in Indien, die Teepflückerinnen in Sri Lanka, den Erdnuss-Farmer in Vietnam oder den Tuktuk-Fahrer in Kambodscha. Auch die Bootsführer in verregneten Botswana, die burmesische „Giraffenhals-Frau“ mit den vielen Messingringen um den Hals oder der Mann in Mosambik, der vergeblich in der Hauptstadt Maputo demonstrierte, weil ihm die Regierung bis heute nicht den Lohn ausgezahlt hat, für den er in den 80er-Jahren als Gastarbeiter in der DDR schuftete“, werden sicherlich nicht in Vergessenheit geraten.

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