Emmerich Eine Klasse kommt ins Kino

Emmerich · Es ist ein einzigartiges Projekt. Thomas Binn hat fast drei Jahre eine Klasse mit der Kamera begleitet. Mit dabei ist auch Karin Winkels-Brinkmann aus Rees.

 Das Plakat zum Kinofilm von Thomas Binn. Auch Karin Winkels-Brinkmann (r.) ist Teil des Films.

Das Plakat zum Kinofilm von Thomas Binn. Auch Karin Winkels-Brinkmann (r.) ist Teil des Films.

Foto: Verleih / Van OFFERN

Nach zweieinhalb Jahren Einblick zieht Thomas Binn ein ernüchterndes Fazit: "Jeder Lehrer, der morgens mit dem Vorsatz in die Schule fährt, den individuellen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden, steht vor einer unlösbaren Aufgabe", sagt der Filmemacher aus Kevelaer. "Ich ziehe den Hut vor den Pädagogen, die versuchen, der Inklusion gerecht zu werden."

Den Hut zieht Binn vor allem vor den Lehrern der Geschwister-Devries-Schule Uedem. Denn dort hat er eine Klasse seit der Einschulung mit der Kamera begleitet. Sein Ziel: den Alltag in der Schule beim Thema Inklusion zu zeigen. "Sonst reden Erwachsene über die Belange der Kinder. Hier reden erstmals die Kinder selbst über ihre eigenen Bedürfnisse", erläutert Binn. 90 Stunden Filmmaterial hat Binn gesammelt, momentan wird daraus der 90-Minuten Film zusammengeschnitten. Die Idee zu dem Film sei 2014 bei einem Gespräch mit Schulleiter Johannes Nolte entstanden. Thomas Binn hat zu der Schule engen Kontakt. Er drehte dort bereits einen fiktiven Film zum Thema Mobbing und engagiert sich in der Projektarbeit der Schule. Das schafft ein Vertrauensverhältnis. "Er gehört fast zum Kollegium", sagt Nolte.

So entstand das Konzept, eine Klasse vom ersten Schultag zu begleiten und einen Einblick in den Alltag der Inklusion zu geben. "Ich habe lange überlegt, ob ich das Projekt machen will. Aber es war einfach die Riesenchance, einen Einblick in das sonst eher geschlossene System Schule zu bekommen", sagt Thomas Binn. Klassenlehrerin Helga Heß war einverstanden, nächster Schritt sei gewesen, die Eltern mit ins Boot zu holen. Auch die stimmten zu. Am 20. August 2014 stand Thomas Binn zum ersten Mal mit der Kamera im Klassenraum. Allein vor der geschlossenen Tür. Als die sich öffnet, beginnt das Schulleben, startet der Film.

Zu sehen ist auch Karin Winkels-Brinkmann. Die Leiterin der Reeser Grundschule gehörte zuvor als Sozialpädagogin mit zum Team in Uedem. Der Dreh sei eine spannende Erfahrung gewesen, berichtet sie. "Anfang war es ungewohnt, dass oft die Kamera dabei war, aber irgendwann hast du das ausgeblendet", berichtet sie. Schließlich wurden es 70 Drehtage bis Februar 2017. Er habe völlig freie Hand gehabt, sagt Binn. Er habe schöne Momente aufgenommen, aber auch Krisen. Die Kinder begleitet er teilweise morgens vom Aufstehen an. Im Laufe der Zeit vergessen die Kinder, dass sie gefilmt werden.

Dagegen tat sich ein anderes Problem auf: Binn hatte sein Projekt ohne abgeschlossene Finanzierung gestartet. Er hat Sender angeschrieben, telefoniert, bei der Filmförderung angefragt. "Überall bin ich vor die Wand gelaufen", berichtet er. Schließlich bekam er den Tipp, es bei einem Filmverleiher zu versuchen. So kam der Kontakt mit Holger Recktenwald von Mindjazz Pictures zustande. Die Produktionsfirma Lutzfilm kam hinzu. Das Projekt war gesichert.

Vom ersten Plan, die Klasse vier Jahre zu begleiten, weicht Binn schließlich ab. "Holger Recktenwald hat mir gesagt: Wenn der Film politisch etwas verändern soll, muss er vor der Landtagswahl erscheinen." So wird es kommen: Am 28. April ist Premiere in Düsseldorf. Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Schulministerin Sylvia Lörmann sind dann geladen. Am 4. Mai ist Start im Kreis Kleve - im Tichelpark-Kino Kleve.

(RP)
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