Emmerich Doppeltes Jubiläum

Diese Zahl ist heute kaum noch vorstellbar: 50 Priesteramtskandidaten empfingen 1960 gemeinsam die Priesterweihe. Zu ihnen gehörten auch Pastor Friedrich Leinung und Pastor Paul Seesing.

 Pfarrer Fritz Leinung in seiner Wohnung in Emmerich.

Pfarrer Fritz Leinung in seiner Wohnung in Emmerich.

Foto: Andreas Endermann

Pastor Leinung

 Pastor Paul Seesing vor "seiner" Kirche St. Martini.

Pastor Paul Seesing vor "seiner" Kirche St. Martini.

Foto: Andreas Endermann

So wie man Pastor Leinung viele Jahre in der Klever Innenstadt beim Spaziergang sehen konnte, erlebt man ihn jetzt oft in Emmerich, besonders an der Promenade, wo er seit 2003 wohnt: Als Spaziergänger mit freundlichem Gesicht und offenen Augen.

Der 76-jährige ehemalige Pfarrer der Klever Unterstadtkirche versieht heute als "Pfarrer emeritus" den Dienst an den Altären der Kirchen von St. Christophorus und St. Johannes. Legendär wurde die von ihm initiierte "Klosterpforte" neben "seiner" Kirche in Kleve. Es fanden sich Menschen ein, von denen man meinte, sie könnten nicht zusammen sein. "Das hat anfangs Gegrummel gegeben", erinnert sich der Priester. Nach und nach sei die "Klosterpforte", die dem "Mittagstisch an St. Aldegundis zum Vorbild diente, jedoch zu einem Ort der Begegnung geworden, an dem sich viele Gemeinschaften treffen. Friedrich Leinung, der sich am liebsten bescheiden zurückhält, hat viel für die Verständigung mit den Menschen in Polen getan. 2002 wurde er mit dem polnischen Ritterkreuz ausgezeichnet.

Eine andere Geschichte ist in seinem Buch "Ray Hamley und die Anrufe von oben" nachzulesen. Hierbei geht es um einen englischen Flieger, der während des 2. Weltkrieges die Unterstadtkirche bombardierte und dafür später die Bürger der Stadt um Vergebung bat. Auch hier entstand eine Freundschaft, die sich auf viele Menschen in Whitby/England und Kleve ausdehnte. Durch die Verbindung zu Ray Hamley wurde in den Niederlanden ein Tabubruch ermöglicht: Zum ersten Mal fand 1994 ein gemeinsames Kriegstotengedenken statt. Das führte zu guten Kontakten mit Niederländern und jüdischen Gemeinden.

In einer anderen Schrift erinnerte der in Hochelten aufgewachsene Kenner der Historie um St. Vitus an Adela von Elten, die vor 1000 Jahren lebte. Das Buch trägt den Untertitel "Die Barbarin". Diese Geschichte fand ihren Niederschlag in der Sage vom Schwanenritter.

Pastor Seesing

"Stellt ja den Pastor wieder auf die Beine!" Diesen Wunsch richtete Stadtpfarrer Peter Kossen am 10. August 2008 an das Ärzteteam und Pflegepersonal des Willibrord-Spitals. Anlass war die Feier des 75. Geburtstages seines "väterlichen Freundes" Paul Seesing, der vor einer schwierigen Wirbelsäulen-Operation stand. Schon nach wenigen Wochen war der beliebte Priester — wenn auch mit Gehhilfen — wieder am Altar "seiner" Kirche St. Martini und heute fühlt er sich einigermaßen wieder hergestellt. So kann er dem Festhochamt zu seinem Goldenen Priesterjubiläum frohgemut entgegensehen.

Paul Seesing hat eine robuste Natur, was man auch an seiner markanten Stimme merkt, wenn er sie bei den Gottesdiensten zum Singen liturgischer Gesänge anhebt — ein Ausdruck seiner Musikliebe, die ihm an ruhigen Tagen zur Erholung und Freude verhilft. "Derzeit höre ich am liebsten Barock-Musik", verrät der Pastor. Dazu muss er nur in seine "Schatzkiste", die aus hunderten Tonträgern besteht, greifen. Gerne denkt er an die Zeit des Studiums in den 1950er Jahren in München zurück. "Da habe ich während der zwei Semester 42 Opernaufführungen und Konzerte sowie ein Ballett erlebt."

Der in Warbeyen geborene Seelsorger empfing 1960 in Münster die Priesterweihe. Als Kaplan versah er im Münsterland und in Geldern seinen Dienst, bevor er Anfang 1972 zum Pfarrer an St. Martini berufen wurde. Während seiner Amtszeit wurde nach langer Bauzeit die Kirche wiederhergestellt.

Geschätzt werden neben der pastoralen Tätigkeit seine Fachkenntnisse im historischen, besonders kirchengeschichtlichen Bereich. Gerne führt er Besucher durch Kirche und Schatzkammer und beantwortet ihre Fragen "aus erster Hand". Der Pastor war stets bereit, wenn es um die Mitwirkung in Gremien, Ausschüssen, Kuratorien und in der Drogenhilfe ging. Jahrelang begleitete er als Geistlicher die Ferienfreizeiten nach Ameland. Auch für Belange der Kirchenmusik hat er ein offenes Ohr.

Seit Juli 2008 trägt er den Titel "Pfarrer emeritus" — im Ruhestand. Doch nach wie vor zelebriert er Eucharistiefeiern, nicht nur an St. Martini, sondern auch in den anderen Kirchen der St. Christophorus- und Johannes-Gemeinde. Derzeit schreibt er an einer Chronik und legt auf Wunsch des Bischofs ein Verzeichnis aller Emmericher Priester ab 1815 an.

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