Schließungen Schwere Zeiten für Privatbanken

Emmerich · Die Commerzbank und die Deutsche Bank haben ihre Filialen in Emmerich geschlossen. Auch Geldautomaten stehen nicht mehr zur Verfügung. Doch profitieren Sparkasse und Volksbank nun? Wir haben nachgefragt.

 Lediglich ein verblasster Schriftzug über dem Eingang erinnert an die ehemalige Deutsche Bank-Filiale am Alten Markt in Emmerich.

Lediglich ein verblasster Schriftzug über dem Eingang erinnert an die ehemalige Deutsche Bank-Filiale am Alten Markt in Emmerich.

Foto: RP/Maarten Oversteegen

Im Frühjahr wurden die Schließungen angekündigt, mittlerweile sind die Türen tatsächlich zu: Die Commerzbank und die Deutsche Bank haben ihre Filialen in Emmerich geschlossen. Beide Privatbanken bieten dort auch keinen Selbstbedienungsterminal für Bargeldabhebungen oder Überweisungen mehr an. So sind die gelben Schilder am Commerzbank-Gebäude in der Kaßstraße bereits verschwunden. Auch die Filiale der Deutschen Bank am Alten Markt wirkt recht verwaist.

„Für tägliche Bankgeschäfte verliert die Filiale bei unseren Kunden immer mehr an Bedeutung. Hier wird das Smartphone zum wichtigsten Kontaktkanal. Corona hat dieser Entwicklung einen weiteren, spürbaren Schub gegeben“, so Matthias Kretschmer von der Pressestelle der Commerzbank. Kunden aus der Rheinstadt müssen künftig nach Kleve oder Wesel fahren, um persönlich beraten zu werden. Nach Informationen unserer Redaktion befindet sich zumindest das Commerzbank-Gebäude in Besitz des Kreditinstituts. Das wirft die Frage auf, weshalb dort nicht wenigstens Automaten erhalten bleiben. Dazu erklärt Kretschmer: „Über die Immobilie kann ich leider keine Aussage machen.“

Hintergrund der Schließungen ist der Sparkurs vieler deutscher Geldinstitute. Der von der Commerzbank geplante Kahlschlag des Filialnetzes ist in Emmerich nun konkret geworden. Die Schließung in Rees an der Straße Vor dem Delltor folgt im kommenden Jahr, und zwar nach der gleichen Begründung. Das Frankfurter Geldhaus will deutschlandweit bis zum Jahresende insgesamt 240 Filialen geschlossen wissen. Ähnlich schaut auch die Strategie der Deutschen Bank aus. Bis zu 100 Filialen sollen zeitnah geschlossen werden.

„Es gibt heute nicht nur den Trend, immer mehr Bankgeschäfte online zu erledigen, sondern auch gebührenfrei in Drogerien, Supermärkten oder Tankstellen Geld abzuheben“, sagt Klaus Winker, Pressesprecher der Deutschen Bank auf Anfrage unserer Redaktion. Man habe die Kunden in Emmerich aber rechtzeitig über die Veränderung informiert, so Winker. Immerhin können Kunden der beiden Privatbanken weiterhin bei der Postbank-Filiale am Geistmarkt in Emmerich Geld abheben, zudem steht die SB-Stelle der Deutschen Bank bei der Shell-Tankstelle am Grollscher Weg zur Verfügung.

Die Pressestelle der Commerzbank erklärt weiter: „Wir arbeiten an weiteren Lösungen, um über Kooperationen mit Einzelhändlern die Bargeldversorgung vor Ort sicherzustellen. Insgesamt wird die Nachfrage nach Bargeld zurückgehen und Mobile Payment an Bedeutung gewinnen.“ Angaben der Bank zu Folge würden in Deutschland 55 Prozent der Wertpapier-Geschäfte sowie 48 Prozent der Baufinanzierungen bereits online oder mobil abgeschlossen werden. Und das spart Kosten.

Auf die Frage, ob die beiden Privatbanken durch die Schließungen in Emmerich Kunden verloren haben, wollen sie nicht reagieren. Doch profitieren nun die Volksbank und die Sparkasse vor Ort? „In der Tat stellen wir eine verstärkte Nachfrage von Privat- und Firmenkunden fest. Hintergrund ist neben dem Wegfall der lokalen Serviceeinrichtungen auch der Wegfall von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern vor Ort“, so Ludger Braam, Pressesprecher der Sparkasse Rhein-Maas. Die Sparkasse hält in Emmerich neben verschiedenen SB-Einrichtungen insbesondere in der Agnetenstraße ein umfassendes Service- und Beratungsangebot für die Kundschaft bereit.

Die Entwicklung, dass Kunden wechseln, bestätigt auch Volksbank-Vorstand Holger Zitter. „Wir merken es aktuell sehr stark. Einen Bankenwechsel kann man auch online vornehmen. Wer bei uns allerdings ein kostenfreies Girokonto führen will, muss einen Beratungstermin vereinbaren und gelotst werden. Und da ist es aktuell zunehmend schwer, einen Termin zu bekommen“, sagt Zitter. Als die Sparkasse 2018 viele Filialen in Emmerich schloss und sich aus der Fläche verabschiedete, habe man einen solchen Ansturm nicht erlebt.

„In unseren Augen ist das auch eine Nachhaltigkeitsfrage. Wir sind vor Ort, damit die Leute nicht mit dem Auto kreuz und quer herumfahren müssen“, so der Vorstandschef. Acht Filialen hat die Volksbank in Emmerich und Rees, zudem eine in Anholt. Man wolle auch weiterhin in den Dörfern präsent sein, so Holger Zitter.

„Allerdings registrieren wir, dass die Service-Angebote weniger nachgefragt werden. Daher gibt es Filialen, in denen diese Dienste nur noch einmal in der Woche angeboten werden“, sagt Zitter.

Online-Banking sei ihm zu Folge übrigens keine Frage des Alters. Es gebe auch junge Menschen, die für ihre Überweisung weiter zur Bank kommen. „Es treten schon einmal Probleme auf, die nur von Menschen gelöst werden können. Und genau deshalb sind wir weiter vor Ort“, so Holger Zitter.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort