Emmerich Der Wahlkreis 112

Emmerich · Seit 1949 hat der Kreis Kleve immer einen Kandidaten der CDU direkt in den Bundestag geschickt. Kommt es anders im Duell von Barbara Hendricks gegen Stefan Rouenhoff?

Wahl-Kuriositäten: Was bei der Wahl erlaubt ist und was nicht
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Wahl-Kuriositäten: So darf man den Wahlzettel ausfüllen

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Foto: NGZ

Die politische Republik stand Kopf. Es war Februar, die SPD jubelte über ungeahnte Zugewinne, und Martin Schulz, Mister 100 Prozent aus Würselen, lief Bundeskanzlerin Angela Merkel den Rang ab. "Kippt sie?", fragte damals das Nachrichtenmagazin "Spiegel", rief gar die "Merkeldämmerung" aus. Sechs Monate später scheint Angela Merkel wieder uneinholbar vorne - eine Dämmerung könnte es dennoch geben, wenn auch etwas kleiner: im Kreis Kleve.

Die nach amerikanischem Vorbild immer kürzer werdende sogenannte "heiße" Phase des Bundestagswahlkampfs 2017 wird spätestens heute eingeläutet, wenn auch die Sozialdemokraten des Kreises Kleve ab 11 Uhr in den Klever Tichelpark-Kinos das Rennen offiziell für eröffnet erklären - genau 29 Tage vor der Entscheidung am 24. September, Abpfiff: 18 Uhr. Die insgesamt 226.583 Wahlberechtigten in den 16 Kommunen des Wahlkreises 112/Kleve können sich auf einen Endspurt freuen, dessen Ausgang so ungewiss ist wie nie in den 68 Jahren zuvor. Barbara Hendricks (SPD) gegen Stefan Rouenhoff (CDU) heißt das alles überstrahlende Duell, das historischen Charakter erlangen könnte, wenn die "schwarze Bastion" am Niederrhein fällt. Nur sechs Direktkandidaten verzeichnet die Historie nach dem Zweiten Weltkrieg, alle hatten das CDU-Parteibuch in der Tasche, wie ein Blick auf die "Ahnengalerie" verrät.

Die Spannung des Urnengangs wird klar mit einem Blick auf die Gegensätzlichkeit der Hauptdarsteller. Hier die mit allen Wassern der Politik mehrfach gewaschene 65 Jahre alte Kleverin Barbara Hendricks, ein Urgestein der Sozialdemokratie am Niederrhein, als Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit von Flensburg bis Oberstdorf so prominent und präsent wie noch nie in ihrer jahrzehntelangen Laufbahn, in der sie sechs Mal dem ewigen Gegenspieler Ronald Pofalla (CDU) den Vortritt lassen musste. Da der 38 Lenze zählende Stefan Rouenhoff, jung, modern und unverbraucht, der fast als Seiteneinsteiger vom Handelsattaché der Bundesregierung in Brüssel zum CDU-Direktkandidaten als Nachfolger des zur Deutschen Bahn abgewanderten Ex-Kanzleramtsministers Pofalla aufgestiegen ist. Das Ziel des unermüdlich Klinken putzenden Gochers kann es nur sein, die große Schar der Stammwähler von den Sofas in die 256 Wahllokale des Kreises zu locken - immerhin hat er nach dem Ergebnis 2013 satte 17,83 Prozentpunkte Vorsprung.

Im Windschatten der beiden Protagonisten segeln mit Bruno Jöbkes (Grüne), Ralf Klapdor (FDP), Ferdinand Niemann (Die Linke), Gerd Plorin (AfD), Stephan Heintze (Freie Wähler) und Einzelbewerber Willi Bovenkerk sechs weitere Direktkandidaten - 23 Parteien stehen zudem auf dem (landesweiten) Wahlzettel, darunter Exoten wie die Partei für Gesundheitsforschung oder die Partei der Humanisten..

Die 226.583 Wahlberechtigten verteilen sich von dem Spitzenreiter Kleve (35.825) über Geldern (25.915) und Goch (24.610) bis zur kleinsten Kommune Rheurdt (5.374).

Aber: Jede Stimme zählt.

(RP)
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