Emmerich Der lange Kampf gegen die Spielsucht

Emmerich · Bernd Wischermann war fast 40 Jahre vom Glücksspiel abhängig. Die Kommunen versuchen durch Kontrollen der Spielsucht vorzubeugen. Doch dabei kann lediglich auf Einhaltung der Vorschriften in den Spielhallen gepocht werden.

 Verzocken kann man sich schnell an den Glücksspielautomaten. Die Chancen auf einen Jackpot stehen eher schlecht – trotzdem tappen viele in die Glücksspielfalle.

Verzocken kann man sich schnell an den Glücksspielautomaten. Die Chancen auf einen Jackpot stehen eher schlecht – trotzdem tappen viele in die Glücksspielfalle.

Foto: dpa

Der letzte Jackpot war gleichzeitig sein letzter Spielzug. An den Moment in der Spielhalle vor zwei Jahren erinnert sich Bernd Wischermann noch ganz genau: "Nach dem kurzen Jubel kam sofort die Entscheidung: Jetzt steig ich aus, das war's für mich."

Von den 2000 Euro Gewinn aus dem Glücksspiel-Automaten richtete er seine Wohnung neu ein. Danach spielte er nie wieder um Geld. "Ich habe zwar eine große Distanz zu meiner Spielsucht gewonnen, aber das ist wie bei einem trockenen Alkoholiker — die Sorge vor einem Rückfall ist immer da, auch wenn ich inzwischen sehr gefestigt bin", erklärt der 59-Jährige und ergänzt: "Es war höchste Zeit, die Wende zu bekommen, die Spielsucht hat auch meine Gesundheit gefährdet." Fast 40 Jahre lang ging der Kevelaerer in Spielhallen und Casinos ein und aus. Vor zehn Jahren machte er die erste Therapie und nahm an Selbsthilfegruppen teil.

Wie viele Spielsüchtige es insgesamt im Kreis Kleve und Umgebung gibt, ist kaum zu beziffern — gerade in dem Bereich ist die Dunkelziffer sehr hoch. Auch die Einsicht, spielsüchtig zu sein, kommt bei Betroffenen oftmals erst sehr spät. Zum Verbraucherschutz sowie zur Eindämmung dieser Spielabhängigkeit unterliegen Geldspielgeräte jedoch genauen gesetzlichen Vorschriften, die in der Gewerbeordnung sowie der Spielverordnung geregelt sind. Die Abteilung Sicherheit und Ordnung der Stadtverwaltungen ist dafür zuständig, die Rahmenbedingungen in den Spielhallen zu sichern.

Bei regelmäßigen Kontrollen wird geprüft, ob die Vorschriften eingehalten werden. Das machen die Behörden natürlich auch, damit der Spielsucht vorgebeugt werden kann — es darf zum Beispiel kein EC-Automat in unmittelbarer Nähe sein, damit die Spieler nicht animiert werden, neues Geld zu holen und vielleicht über ihre Verhältnisse zu leben". So darf auch nur ein Spielgerät pro zwölf Quadratmetern aufgestellt werden. Maximal dürfen sich dabei in jeder Spielhalle nur zwölf Geräte befinden.

Doch Bernd Wischermanns wünscht sich noch mehr: "Ich habe ein Spiel- und Hausverbot für mich beantragt. In größeren Casinos ist das möglich, da habe ich mich schon selber gesperrt — aber in meiner Stadt wurde das in den Spielhallen abgelehnt."

Und trotzdem versucht er, einen großen Bogen um die flimmernden Automaten zu machen. "Mein neues Lebensmotto lautet ,Nichts geht mehr' — ich geb' für sowas keinen Cent mehr aus", sagt der 59-Jährige. Zum Glück ist er durch seine Spielsucht nie in eine Verschuldung geraten.

Um auch weiterhin standhaft zu bleiben, hat Bernd Wischermann in der Vergangenheit nach Gleichgesinnten gesucht. Daher hat er eine Selbsthilfegruppe gegründet, die sich seit Kurzem im Gemeindesaal der Jesus-Christus-Kirche in Kevelaer trifft.

(RP/rl)
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