Bürgermonitor „Eiskalt abserviert“

Emmerich · Der Kampf des an ALS erkrankten Haffeners Norbert Zuckermann um einen Schwerbehindertenausweis bewegt die Gemüter. Etliche RP-Leser schildern ähnliche Erfahrungen mit dem Kreis Kleve.

 Wer schwerbehindert ist, ist auf Behindertenparkplatze angewiesen. Dort darf natürlich nur parken, wer auch einen entsprechenden Ausweis hat. Ihn ausgestellt zu bekommen, ist im Kreis Kleve nicht einfach, wie jetzt RP-Leser schildern. 

Wer schwerbehindert ist, ist auf Behindertenparkplatze angewiesen. Dort darf natürlich nur parken, wer auch einen entsprechenden Ausweis hat. Ihn ausgestellt zu bekommen, ist im Kreis Kleve nicht einfach, wie jetzt RP-Leser schildern. 

Foto: Krebs, Andreas (kan)

Der Bericht in der Rheinischen Post von Samstag über den Fall von Norbert Zuckermann hat hohe Wellen geschlagen. Etliche E-Mails von Lesern, die ähnliche Erfahrungen mit dem Kreis Kleve schildern, gingen in der Zwischenzeit bei der Redaktion ein.

Wie berichtet, ist Norbert Zuckermann aus Rees-Haffen an ALS erkrankt. Nur mit Rollator kann der 60-Jährige noch 50 Meter am Stück zurücklegen. Einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“, das unter anderem notwendig für Parkerleichterungen ist, hat er trotz mehrfacher Anträge und entsprechender Bescheinigungen von Ärzten bislang nicht erhalten.

Einen ganz ähnlichen Fall hat Thomas Gervens aus Kleve mit seinem Vater erlebt: Alfred Gervens (79) ist nach zwei Hirninfarkten, einer festgestellten COPD, Vorhofflimmern, neuer Hüften und einer schweren Gehbehinderung zu 100 schwerbehindert. Aber auch er bekommt keinen Parkausweis mit dem Merkzeichen „aG“ zugestanden.

Thomas Gervens: „Mein Vater liegt zuhause in einem Pflegebett und kann mit seinem Rollator, ohne fremde Hilfe noch nicht mal 20 Meter alleine gehen. Sein Hausarzt kommt zwar regelmäßig zu ihm nach Hause, jedoch müssen einige Ärzte auch aufgesucht werden, da es nicht anders geht. Da der Mann kaum laufen kann, muss vor den jeweiligen Praxen geparkt werden, wodurch meine Mutter dann regelmäßig Bußgelder wegen falschen Parkens kassiert.“

 Seit ungefähr zwei Jahren kämpft Familie Gervens nun dafür, dass Alfred Gervens einen Parkausweis mit dem Merkzeichen „aG“ oder überhaupt einen Parkausweis bekommt und musste sogar Klage gegen den Kreis Kleve vor dem Sozialgericht in Duisburg einreichen, damit überhaupt irgendetwas passiert. Das Ergebnis steht noch aus.

Besonders kurios: Alfred Gervens hatte bereits einen ganz normalen Parkausweis für Schwerbehinderte, jedoch ohne „Merkzeichen aG“. Da der verlängert werden musste, beantragte die Familie einen Parkausweis mit dem Merkzeichen „aG“. Ergebnis: Alfred Gervens bekam nun gar keinen Ausweis mehr, da seine Krankheit plötzlich die Kriterien eines schwerbehinderten Parkausweises nicht erfülle. „Das muss man sich bei diesem Krankheitsbild nur mal vorstellen“, so Thomas Gervens, der darauf verweist, dass selbst der Hausarzt in seinem Schreiben an den Kreis Kleve festgehalten habe, dass ein Parkausweis mit dem Merkzeichen „aG“ unabdingbar sei.

Thomas Gervens und seine Frau sprachen selber beim Kreis Kleve vor, um den Klageweg nicht bestreiten zu müssen, sondern um eine gütige Einigung zu finden, jedoch ohne Erfolg. „Man wird eiskalt abserviert. Im Endeffekt wird dort, so hat man das Gefühl, nach Gutdünken entschieden“, sagt Thomas Gervens verärgert.

Einen ähnlichen Eindruck hat auch Dorothee Feldhaus aus Isselburg, die vor mittlerweile drei Jahren für ihre 90-jährige Mutter aus Rees einen Antrag auf Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen „aG“ beim Kreis Kleve stellte. Dieser sei ebenso wie der Widerspruch mit der Begründung „Sie ist zu alt“ abgelehnt worden. Dorothee Feldhaus: „Meine Mutter ist auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen. Sie kann gar keine öffentliche Verkehrsmittel benutzen, unterwegs muss ständig eine Begleitperson dabei sein. Die zweite Person stützt und begleitet sie zum Arzt, während der andere einen Parkplatz suchen muss“, erklärt sie.

Im Juni hat sie einen erneuten Antrag gestellt, der noch bearbeitet wird. Ein anderer Antrag auf ein Pflegebett wurde bereits abgewiesen. Obwohl die Mutter ohne fremde Hilfe nicht mehr aufstehen, beziehungsweise sich im Bett aufrichten könne, wurde der Antrag abgelehnt mit der Begründung sie sei nicht dauerhaft bettlägerig. Dorothee Feldhaus: „Ich habe den Eindruck, dass nach dem Motto gearbeitet wird, alles möglichst lange herauszuzögern, dann erledigt sich das Anliegen von selbst. Ich finde es katastrophal, wie man in der häuslichen Pflege allein gelassen wird.“

Das dürfte auch Rolf Hage aus Kleve so sehen, der vier Jahre für seine inzwischen verstorbene Frau um einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“ kämpfte. Sie war an Knochenmark-Krebs erkrankt und zu 100 Prozent schwerbehindert. Den Ausweis mit dem Zusatz „aG“ habe sie trotz mehrfacher Anträge und zwischenzeitlicher gesundheitlicher Verschlechterung jedoch nicht erhalten. Zweimal wurden die Anträge abgelehnt.

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