Fehlende Umgehungsstraße Widerstand gegen Betuwe-Pläne
REES-MILLINGEN · In Millingen droht ein Albtraum: Die Schließung der Bahnübergänge vor der Fertigstellung der Umgehungsstraße und der Ersatzbauwerke. Die Projektgruppe Dorfentwicklung ruft dazu auf, Einwendungen gegen die Pläne einzureichen.
Vor ziemlich genau zehn Jahren regte sich in Millingen, deutlich wie in keinem anderen Dorf, Widerstand gegen die Betuwe. Gut 300 Millinger waren seinerzeit zum Feuerwehrgerätehaus gekommen, um mit dem damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und der Bundestagsabgeordneten Barbara Hendricks zu diskutieren und gegen die Betuwe zu protestieren.
Jetzt gehen die Millinger gegen die Planungen der Bahn erneut auf die Barrikaden. Die Projektgruppe Dorfentwicklung Millingen, in der unter anderem Mitglieder des Heimatvereins vertreten sind, fordert Bürger aus Empel und Millingen dazu auf, jetzt möglichst schnell Einwendungen zu den Planungen gegenüber der Bahn einzureichen.
Hintergrund ist ein Szenario, bei dem die Bahnübergänge geschlossen werden, aber noch keine neue Umgehungsstraße (L468) gebaut ist. Die umgekehrte Reihenfolge war ursprünglich vereinbart worden.
Dass die Millinger durch die Schließung der Bahnübergänge ohne vorherigen Bau einer Umgehungsstraße in ihrer eigenen Ortschaft abgeschnitten werden, liegt auf der Hand. Teilt die Bahnstrecke doch das Dorf in zwei Hälften. Dass es so kommen könnte, wurde jüngst bei einer Online-Information der DB noch einmal deutlich. Bei Schließung der Bahnübergänge Anholter Straße/Hauptstraße und Bruchstraße will die DB den Verkehr über die Straßen Alte Driesch, Schaffeld, Sieben-Morgen-Straße (Pentjes), Bruchstraße und Alter Deichweg sowie über die B67 führen. Zum Teil handelt es sich dabei um Wirtschaftswege. „Das ist unzumutbar und unzureichend“, schreibt die Projektgruppe Dorfentwicklung Millingen.
Das Problem bei den Planungen in Millingen ist, dass es dort zwei verantwortliche Projektträger gibt: Neben der Bahn ist das Straßen NRW, jene Behörde, die für den Bau der Umgehungsstraße zuständig ist. Einen Termin für den Beginn der Arbeiten gibt es noch nicht. Die Bahn ist da schon weiter. Sie hat jetzt ihre Planungen für den Abschnitt Rees-Empel und Rees-Millingen (Planfeststellungsabschnitt 3.2) überarbeitet. Das sogenannte „Deckblatt“, bestehend aus 17 Ordnern, liegt seit Anfang des Monats noch bis kommenden Montag 2. Oktober, im Reeser Stadtarchiv aus und kann von allen Bürgerinnen und Bürgern eingesehen werden. Wesentliche Planänderungen, die aus den Einwendungen und Stellungnahmen resultierten, machten eine erneute Offenlage notwendig.
Die Projektgruppe Dorfentwicklung ruft dazu auf, Einwendungen bis zum 16. Oktober bei der Bahn einzureichen. Es sei die letzte Chance zu widersprechen. „Was die Millingerinnen und Millinger wurmt und wo die Planungen nicht angepasst wurden, ist, dass die Planung von Straßen NRW nicht berücksichtigt wurde“, kritisiert die Projektgruppe. Aussagen seitens der Bahn wie „eine Umleitung für einen begrenzten Zeitraum“ oder „wir stehen in engem Austausch mit Straßen NRW“ seien da wenig verbindlich und als Lösungsvorschlag völlig unzureichend.
„Jeder Ortskundige weiß, dass diese Umleitung’ nicht für den allgemeinen Pkw-Verkehr, geschweige denn für Lkw, geeignet ist. Es ist jetzt schon schwierig, dass Fahrradverkehr und landwirtschaftlicher Verkehr gemeinsam dort fahren. Das lassen wir uns so nicht gefallen! Wir kämpfen darum, dass die geplante Umfahrung für Millingen, die L458n, erst in Betrieb und auch das geplante Ersatzbauwerk Fußgänger- und Radunterführung in Millingen fertiggestellt sein muss, bevor die Bahnübergänge geschlossen werden“, bekräftigt die Projektgruppe.
Und liegt damit im Übrigen auch voll und ganz auf der Linie der Stadt Rees. „Es war schon immer Standpunkt der Stadtverwaltung, dass erst die Umgehungsstraße gebaut werden muss, bevor die Bahnübergänge geschlossen werden können“, erklärt Stadtsprecher Jörn Franken.
Für die Projektgruppe ist jetzt wichtig, dass möglichst viele Millinger eine erneute Einwendung abgeben. Die Bahn als Vorhabenträgerin und auch das Eisenbahnbundesamt müssten diese Kritik aufnehmen.
Ein weiteres Problem wird allerdings auch in den geplanten Fußgänger- und Radunterführungen gesehen. „Atrien“ sollen die Bahnübergänge in Millingen und Empel ersetzen. Die Projektgruppe bezweifelt, ob ausreichend Platz für den Begegnungsverkehr aller Verkehrsteilnehmer gegeben ist und ob dieser dann noch fahrradfreundlich sei. „Wir wollen doch die Infrastruktur in Millingen erhalten und vor allem einer Zerschneidung Millingens entgegenwirken. Ein Grund mehr, auch hier eine Einwendung zu machen und eine großzügige und städtebaulich ansprechende Fußgänger- und Radunterführung mit einer Rampenbreite von vier Metern für den Zwei-Richtungs-Radverkehr und einer lichten Höhe im Tunnel von drei Metern zu fordern.“
Auch der geplante Fuß- und Radweg von der Anholter Straße Richtung Sportplatz sei mit einer Breite von 2,50 Metern eher eng bemessen. Persönliche Betroffenheiten könnten ebenfalls im Verfahren geltend gemacht werden.