Emmerich Bahr: Medizinstudium auch ohne Spitzennote

Emmerich · Der Bundesgesundheitsminister sieht im Verbund die Chance für Kliniken auf dem Land. Der FDP-Politiker will Ärzte aus Leidenschaft.

Dr. Michael Haupts erläuterte Daniel Bahr (r.) das Konzept der Augusta-Klinik.

Dr. Michael Haupts erläuterte Daniel Bahr (r.) das Konzept der Augusta-Klinik.

Bekanntlich wird aktuell im Kreis Kleve darüber diskutiert, ob sich die katholischen Kliniken zu einem großen Verbund zusammenschließen. Damit wollen sie sich gegenseitig stärken, um eine mögliche Übernahme von privaten Interessenten zu verhindern und unabhängig zu bleiben. Ist also der Zusammenschluss kleiner Häuser in Zukunft der Schritt, um Krankenhäuser auf dem Land zu erhalten? Eine Frage auf die Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) gestern bei seinem Besuch im Anholter Augustahospital nicht direkt antworten wollte. Er verwies vielmehr darauf, dass es für die Einrichtungen immer wichtiger werde, sich zu spezialisieren und eine Nische zu finden. Das sei Anholt beispielsweise gelungen. Das Hospital mit Schwerpunkt Neurologie belegt im Focus-Krankenhaus-Ranking regelmäßig vordere Plätze.

Der Minister führte zudem aus, dass die Arbeit im Verbund für Krankenhäuser immer wichtiger werde. Dadurch könnten Synergie-Effekte genutzt werden etwa beim gemeinsamen Einkauf oder der gemeinsamen Ausbildung des Personals. "Größere Verbünde sind auch attraktiver für Ärzte, sich dann dort zu bewerben." Wichtig sei aber auch, die Kooperation zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern.

Zur Frage, wie denn der Versorgung mit Hausärzten auf dem "platten Land" in Zukunft gesichert werden solle, verwies er auf das Versorgungsstrukturgesetz, das 2012 in Kraft getreten ist. "Das hat zum Beispiel die Verpflichtung aufgehoben, dass ein Arzt gezwungen ist, in der Nähe seiner Praxis zu wohnen", so Bahr. "Die Idylle aus Fernsehserien wie dem Landarzt sind überholt, wo der Arzt zehn Stunden arbeitet und die Frau daheim die Kinder betreut. Inzwischen sind auch immer mehr Ehepartner von Ärzten selbst berufstätig. Und wenn eine Frau beispielsweise in Kleve arbeitet, muss es ihrem Mann doch erlaubt sein, dort auch zu wohnen und gleichzeitig eine Praxis in Isselburg zu betreiben." Er wisse, dass es gerade an der Grenze zu den Niederlanden schwierig geworden sei, die Ärzte, die in den Ruhestand gehen, alle zu ersetzen. Im Kreis Kleve sind von den 177 Hausärzten nur knapp 60 unter 50 Jahre alt.

Um eine Versorgung auf dem Land auf lange Zeit sicher zu stellen, sei es auch wichtig, die Kriterien für die Zulassung zum Medizinstudium zu ändern. "Es ist ein Unding, dass diese Plätze nur nach Note vergeben werden. Einen guten Arzt macht nicht die Abiturnote, sondern die Begeisterung für seinen Beruf aus." Er schlägt daher vor, dass ein Teil der Studienplätze auch an Abiturienten vergeben wird, die nicht die absoluten Top-Noten haben, sich aber verpflichten, für mindestens fünf Jahre auf dem Land zu arbeiten. "Es kann doch nicht sein, dass ich erlebe, dass in Wien oder Budapest junge Leute aus Deutschland Schlange stehen, die Medizin studieren wollen, nur weil sie bei uns wegen ihrer Note keine Chance dazu bekommen."

Letztlich nahm Bahr aber auch die Kommunen selbst in die Pflicht. Um Ärzte aufs Land zu holen, müssten sie attraktive Kultur- und Bildungsangebote sowie Kinderbetreuung bieten.

(RP)
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