Emmerich Ausstellung im Rheinmuseum zeigt die menschlichen Dramen des Krieges

Emmerich · Ab sofort sind im Emmericher Rheinmuseum die deutsch-niederländischen Schautafeln der Ausstellung „Kind der Freiheit“ zu sehen. Betroffene berichten von ihren Erfahrungen mit dem Krieg. Darunter ist auch Hubert Meenen.

 Fotos, die den Angriff vom 7. Oktober 1944 zeigen, sind rar. Diese Aufnahme aus dem Stadtarchiv zeigt einen Brand aus einem vorangegangenen Bombardement.

Fotos, die den Angriff vom 7. Oktober 1944 zeigen, sind rar. Diese Aufnahme aus dem Stadtarchiv zeigt einen Brand aus einem vorangegangenen Bombardement.

Foto: Stadtarchiv

Die Angst vor dem Feind war kurz vor dem Kriegsende groß, auch im Hause von Hubert Meenen an der Verborgstraße in Hüthum. Wer den Alliierten seine Tür nicht sofort öffnet und Friedenswille zeigt, müsse mit Granaten im Keller rechnen, hieß es.

 Das historische Foto zeigt die Brüder Meenen, vorne Hubert Meenen.

Das historische Foto zeigt die Brüder Meenen, vorne Hubert Meenen.

Foto: Maarten Oversteegen

Doch die Realität war anders, die Erleichterung groß. „Und dann kam er herein, der kanadische Soldat, streichelte meinen Kopf und sagte: ´Guter Junge´. Ich dachte: ´Dann können sie nicht so schlimm sein´. Deshalb habe ich die Angst vor dem Feind verloren“, erinnert sich Hubert Meenen, heute 85 Jahre alt und Ehrenvorsitzender des Emmericher Geschichtsvereins.

Ab sofort ist seine Geschichte im Rahmen der vom Nationaal Onderduikmuseum in Aalten konzipierten Ausstellung „Kind der Freiheit“ im Emmericher Rheinmuseum zu sehen. „Im vergangenen Jahr hatten wir viele gemeinsame Veranstaltungen mit den Gemeinden aus der niederländischen Grenzregion im Rahmen von ,75 Jahre Freiheit’ geplant. Durch Corona war das kaum möglich. Doch die Geschichten sind zu wichtig, um nicht gezeigt zu werden“, sagt Herbert Kleipaß, Vorsitzender des Geschichtsvereins.

 Das Bild zeigt Hubert Meenen (l.) und Herbert Kleipaß vor der neuen Ausstellung im Rheimuseum.

Das Bild zeigt Hubert Meenen (l.) und Herbert Kleipaß vor der neuen Ausstellung im Rheimuseum.

Foto: Maarten Oversteegen

Heute sei die Freiheit für viele zu selbstverständlich geworden, der Wohlstand ausufernd. Und auch das Mitgefühl mit Menschen, die den Krieg hautnah erlebt haben, würde schwinden: „Wenn ich dann Menschen höre, die sich darüber aufregen, dass ein weiterer Afghane zu uns kommt, dann kann ich nur mit dem Kopf schütteln“, sagt Herbert Kleipaß.

Neun Personen kommen auf den Schautafeln zu Wort, die als Kind das Kriegsende miterlebt haben – auf deutscher oder niederländischer Seite. Zudem wird das Schicksal von Heranwachsenden in den Fokus gerückt, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Wirren gewaltsamer Auseinandersetzungen kennenlernen mussten.

So berichtet Ghassan Aleleiwi aus Damaskus, 2007 geboren, von seiner Flucht aus Syrien ins niederländische Dinxperlo. Der Jugendliche hatte sich mit Vater, Mutter und zwei Geschwistern auf den Weg gemacht, um dem aussichtslosen Bürgerkrieg zu entkommen.

Auf dem Mittelmeer schlug das Schlauchboot mit 30 Personen um. Ohne Schwimmwesten und mit Todesangst erreichten Ghassan und seine Familie das italienische Festland. Aus seinem Heimatland hatte er nichts mitnehmen können. Auf der Schautafel erklärt er: „Mein Fahrrad hätte ich gerne mitgenommen. Ich habe es von meiner Oma bekommen und es ist für mich eine schöne Erinnerung.“

Bomben erlebte Hubert Meenen genauso wie Ghassan Aleleiwi. Nachdem er die Bombenangriffe in Duisburg überlebt hatte, kam er im Herbst 1943 nach Borghees. Doch die Alliierten rückten immer näher, der Krieg wurde erlebbar. „Am 7. Oktober 1944 waren mein Bruder Theo und ich bei Verbücheln auf dem Feld. Nach dem Mittagessen kam ein riesiger Schwarm von Fliegern auf Emmerich zu. Ein Bomber wurde von der Flak abgeschossen. Die Flugzeuge zogen weiter und wir dachten: Es ist noch einmal gut gegangen. Dann drehten sie und kamen tiefer, und Bomben und Bomben fielen“, erinnert sich Meenen.

Im Keller des Bauern Verbücheln beteten Frauen und Kinder den Rosenkranz. Als Hubert Meenen den Unterschlupf verließ, lag Emmerich bereits in Trümmern.

Da die Ausstellung rund um den Zeitzeugen Hubert Meenen mobil ist, kann sie nach dem 12. Oktober von Emmericher Schulen ausgeliehen werden. „Wir wollen das Bewusstsein der Kinder und Jugendlichen für die Dramen eines Krieges schärfen“, sagt Museumsleiter Herbert Kleipaß.

Parallel zur Ausstellung „Kind der Freiheit“ werden weiterhin die Ausstellungsstücke der Reihe „Spuren der Freiheit“ gezeigt, in der unter anderem über das Leben und Wirken von Karl Leisner berichtet wird.

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