Rees Anleitung für einen angstfreien Tod

Emmerich · Der Hamburger Autor rückt mit seiner Lesung das Thema Hospiz in den Blick.

 Mike Powelz hat aus seinen Erlebnissen im Hospiz einen Krimi geschrieben, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Anlass dazu war der Tod seines Vaters Herbert, dessen Bild er in Rees auf einer Leinwand zeigte (rechts).

Mike Powelz hat aus seinen Erlebnissen im Hospiz einen Krimi geschrieben, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Anlass dazu war der Tod seines Vaters Herbert, dessen Bild er in Rees auf einer Leinwand zeigte (rechts).

Foto: privat / ms

REES Der Hamburger Autor Mike Powelz liest am Donnerstag, 20. Juni, ab 20 Uhr in der Reeser Stadtbücherei aus "Die Flockenleserin". In seinem Debütroman verarbeitet er auch persönliche Erfahrungen, die er 2008 machte, als er seinen Vater Herbert in einem Hospiz in den Tod begleitete.

Was hat Sie dazu veranlasst, einen Krimi im Hospiz spielen zu lassen?

Powelz Für eine Langzeit-Reportage habe ich ein Jahr im Hamburger Hospiz "Leuchtfeuer" recherchiert und zwölf sterbende Menschen begleitet: eine Rosenzüchterin, die Gattin eines Politikers, eine Freimaurerin, eine aidskranke Drogensüchtige, eine Obdachlose mit Tochter und viele weitere Menschen. Unsere Gespräche durfte ich aufzeichnen und für meinen Roman verwenden und verfremden. Außerdem erzähle ich vom Sterben meines Vaters, der im Dezember 2008 in einem Münsteraner Hospiz starb.

Was ist Fiktion und was sind Fakten in Ihrem Roman?

Powelz Der Krimi ist ein Mix aus Realität und Fiktion. Zwar hat es alle Romanfiguren in der einen oder anderen Form tatsächlich gegeben und ihre Dialoge sind größtenteils echt, aber dass ein Serienmörder im Hospiz umhergeht, habe ich natürlich erfunden.

Warum?

Powelz Um die Leser zu ködern, genau, wie es der "Tatort" macht. Sie sollen sich dem Thema Sterben tabulos nähern. In meinem Krimi schrumpft die Zahl der Gäste wie in Agatha Christies Roman "Zehn kleine Negerlein". Eine Todkranke will den vermeintlichen Serienmörder entlarven und muss dazu auf die Hilfe des Autors zurückgreifen. Ich selbst tauche als Romanfigur auf, die fast immer am Bett des Vaters sitzt. Gemeinsam mit meiner Mutter, die auch zur Lesung nach Rees kommt.

Wie hat das Schreiben Ihre eigene Einstellung zum Tod beeinflusst?

Powelz Am Ende des Romans sterbe ich. Eine alte Dame, die sich trotz ihres Alters von 84 Jahren hinters Steuer klemmt, überfährt mich. Damit möchte ich zeigen, dass alles vergänglich ist. Diese Erfahrung habe ich in Hospizen gemacht: Jeder kann oder muss "gehen", wenn die Zeit reif ist.

Welcher neue Kontakt hat Sie am meisten berührt?

Powelz Der Brief einer Frau, deren Mann im Sterben lag. Sie schrieb mir, dass sie nur aufgrund meines Buches die Kraft hatte, bis zuletzt an der Seite ihres sterbenden Liebsten zu sein — und am Ende zu erkennen, dass der Tod nicht so grausam ist, wie ihn sich das Gros der Gesellschaft vorstellt. Im Gegenteil: Für sie war es eines der unvergesslichsten Erlebnisse. Dafür hat sie mir ausdrücklich gedankt. Das Interview führte M. Scholten

(RP/rl)
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