Schwerpunkt Haldern Pop Als der Regen zurück nach Haldern kam

Emmerich · Der Wunsch von Stefan Honig ging nicht in Erfüllung: "Leave me now" ("Verzieh dich") schmetterte er dem Regen entgegen. Doch der Regen blieb und sorgte dann pünktlich zum Auftritt des Sängers für das typische Haldern-Feeling, auf das der ein oder andere vor der Bühne gerne verzichtet hätte.

 Die Fans trotzten den Regen und feierten vor der Bühne eine große Pop-Party.

Die Fans trotzten den Regen und feierten vor der Bühne eine große Pop-Party.

Foto: Markus van Offern

Zum Glück versprühte Honig eine solche Spielfreude, dass die Fans gar nicht anders konnten, als im Regen zu tanzen. "Was habe ich mich auf euch gefreut", rief er. Seine Augen leuchteten dabei. "Ich habe richtig Bock, hier zu spielen." Bei Honig ein Bekenntnis von Herzen. Wobei nach wenigen Minuten gar nicht mehr klar war, wer mehr Spaß hatte. Die Musiker oder die Fans im Dauerregen. Als Stefan Honig dann auch noch seine Mutter grüßte, weil die sich den Livestream zuhause ansehen wollte, ging vermutlich dem letzten das Herz auf.

Als dann auch noch die Halderner Horny Horns und die Jungs von "All the Luck in the World" zu verschiedenen Songs mit auf die Bühne kamen, war Haldern wieder um einige dieser magischen Momente reicher, an die Besucher sich dann später so gerne zurückerinnern.

Haldern Pop - das Festival 2014 beginnt
31 Bilder

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Den Musikern geht es offenbar nicht anders. Robert Goodwin, Sänger von "The Slow Show", zeigte sich überwältigt: "Das ist das beste Festival was wir je gespielt haben." Die begeisterte Menge tat mit kräftigem Applaus ihre Zustimmung kund und nahm dankbar Goodwins Einladung für ein "Singalong" an. Die Folk-Rocker aus Manchester hatten den richtigen Nerv getroffen: Die melancholischen Songs wurden stets in gemächlichem Tempo vorgetragen, bestachen aber durch ergreifende Melodien und lyrische Dichte. Für viele war dieser Auftritt der Höhepunkt des ersten Tages auf dem Haldern Pop Festival 2014. Nicht zuletzt auch wegen der Mitwirkung vieler anderer Künstler: Die Workaholics von "Stargaze" unter der Leitung von André de Ridder sorgten für phantastische Streicherpassagen, die mit den kraftvollen Klängen einer Bläsersektion hervorragend harmonierten.

Die Sängerinnen und Sänger des Berliner Chores "Cantus Domus" strahlten vor Freude und beflügelten "The Slow Show" zu ihrem durchweg gelungenen Auftritt. Die Verbindung von Publikum und Musikern ist auf dem Haldern Pop definitiv gegeben.

Sam Smith's Stimme wirkte in der Kirche ganz besonders.

Sam Smith's Stimme wirkte in der Kirche ganz besonders.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Sam Smith, bekannt durch die Single "Money On My Mind", sorgte dafür, dass die Kirche St. Georg wohl so gut gefüllt war wie nie zuvor in ihrer Bestehenszeit. Das Publikum, das gespannt auf Smith wartete, war aber ein anderes, als das der Zuhörer von Grant Hart. Der ehemalige "Hüsker Dü"-Schlagzeuger war gar nicht begeistert von den störenden Gesprächen in den Randbereichen der Kirche und hielt solange inne, bis er sein neuestes Stück "The Argument" vortragen konnte.

Das von "Stargaze" instrumentierte Werk verblüffte durch gewaltige Dynamik: Leise harmonische Passagen steigerten sich zu Ausbrüchen von ungezügelter Roheit. Derweil bestiegen die deutschen Straßenmusiker von "Annenmaykantereit" spontan die Bühne der Haldern Pop Bar und sorgten für ausgelassene Stimmung.

Die Reibeisenstimme von Sänger Henning ist eine echte Überraschung des Festivals. Denn eigentlich wollte die Kölner Band nur auf dem Dorfplatz musizieren.

Auf der so genannten "Byzanzstage" im Biergarten kamen Freunde starker Kontraste auf ihre Kosten. Die Mandolinen und Fideln der Country-Männer von "Trampled by Turtles" folgten auf den psychopathischen Rock von "The Fat White Family".

"Kurt Vile" und seine "Violators" schlurften sich mit angenehmen Groove durch ihr Set. Daraufhin bot sich die Möglichkeit, den charismatischen Benjamin Clementine zu erleben. Sein nur vom Flügel begleiteter Gesang wäre auch in der Kirche gut zur Geltung gekommen. Wer auch den leisen Passagen Gehör schenkte, wurde von der emotionalen Dichte der Songs überwältigt.

Was für eine Schatztruhe 45er-Schallplatten sein können, zeigte Jonathan Toubin eindrucksvoll. Alle Gäste im Biergarten tanzten ausgelassen zu Funk, Rock und Soul der alten Schule, doppelte Zugabe inklusive.

Gestern ging es dann im Regen weiter, heute wartet der letzte Festivaltag auf die Fans. Und sicher wieder magische Momente.

(jbr)
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