Duisburg Wissenschaft statt Sterndeuterei

Duisburg · Die Weisen aus dem Morgenland, von denen in der Bibel die Rede ist, waren Sternenkundige. Prof. Dr. Gerhard Wurm ist Astrophysiker an der Uni Duisburg-Essen. Auf die Idee, ihn in Zusammenhang mit einem der drei Weisen aus dem Morgenland zu bringen, über die im Matthäus-Evangelium geschrieben wird, wird man so leicht nicht kommen.

 Bei gutem Wetter steigt Prof. Wurm gerne aufs Uni-Dach.

Bei gutem Wetter steigt Prof. Wurm gerne aufs Uni-Dach.

Foto: Zoltan Leskovar

Vor 2000 Jahren gab es die Unterscheidung von Astronomie und Astrologie noch nicht. Die drei Weisen aus der Bibel waren wohl Gelehrte, die die Himmelskörper beobachteten und Erscheinungen deuteten. Die regelmäßigen Bewegungen am Firmament, der Mond in seinen wechselnden Erscheinungen, die Lichtspur von Kometen oder gar Sonnenfinsternisse: solche Phänomene nahmen die "Sternenkundige" von einst sorgfältiger in den Blick als ihre ungebildeten Zeitgenossen. So lange sie sich auf das Erkennbare beschränkten, können sie auch heute noch als Wissenschaftler gelten. Aber wenn Himmelserscheinungen und menschliche Lebensschicksale zusammengebracht werden, dann komme man in den Bereich des Aberglaubens, sagt Prof. Wurm. "An Astrologie und Horoskope glaube ich nicht", sagt der Physikprofessor klipp und klar.

 Prof. Dr. Gerhard Wurm ist Astrophysiker an der Uni Duisburg-Essen.

Prof. Dr. Gerhard Wurm ist Astrophysiker an der Uni Duisburg-Essen.

Foto: Zoltan Leskovar

Vom Fantastischen ist Prof. Wurm dennoch fasziniert. Schon immer habe er gerne Science-Fiction-Filme gesehen. Als Kind und Jugendlicher verpasste er kaum eine Folge der Enterprise-Serie. Und noch heute geht es ins Kino, um beispielsweise den Spielfilm "Der Marsianer" von Ridley Scott zu sehen. Da spielt Matt Damon einen Astronauten, der eine Zeitlang allein auf dem Mars überleben muss. Der Film, der nach dem Wissenschaftsthriller von Andy Weir gedreht wurde, sei streckenweise durchaus realistisch, sagt Prof. Wurm. Allerdings könne es auf dem Mars niemals einen solchen Sturm geben, der eine Rakete fast zum Umstürzen bringt und der Gegenstände zu Geschossen macht. Da seien Roman und Film weit von der Realität entfernt. Denn: Die Atmosphäre auf dem Mars ist nur ein Hundertstel so dicht wie die auf der Erde. Zwar gebe es auf dem Planeten, der etwa halb so groß wie die Erde ist, Sandstürme, doch habe der schwerste Marssturm nicht annähernd die Kraft, die beispielsweise ein Hurrikan auf der Erde entwickeln kann. Hätte man Prof. Wurm gefragt, dann hätte dieser den Mars-Sturm als Katastrophenanlass gestrichen und statt dessen einen Meteoriten-Einschlag als Auslöser für die Story vorgeschlagen. So etwas sei wegen der dünnen Atmosphäre nicht unwahrscheinlich.

Duisburg: Wissenschaft statt Sterndeuterei
Foto: Marcus_Führer/dpa

Prof. Wurm arbeitet ansonsten nicht mit seiner Fantasie wie Science-Fiction-Autoren oder die Filmindustrie, sondern mit dem Computer und im Labor. Er untersucht beispielsweise, wie sich Staub verhält. Wann stoßen sich Staubteilchen beim Aufeinandertreffen ab, wann klumpen sie zusammen? Solche Fragen spielen bei Planeten-Entstehungstheorien eine große Rolle. Es gibt nur eine Handvoll Astrophysiker, die das Forschungsfeld der Planetenentstehung so intensiv wissenschaftlich beackert haben wie Prof. Wurm.

Generell ist die Astrophysik eine Wissenschaft, deren Basis sich in den vergangenen 20 Jahren ungemein gewandelt hat. Waren in den 90er Jahren nur acht Planeten bekannt, so sind es aktuell 3500. Vermutlich gibt es aber unzählig viele Planeten, die man noch nicht entdeckt hat.

Wie einst Galileo schaut Prof. Wurm vergleichsweise selten durch das Spiegelteleskop, das vor vier Jahren in einer Astrokuppel auf dem Dach des Uni-Gebäudes MD an der Mülheimer Straße installiert wurde. Dieses Observatorium wird besonders stark von Praktikanten und Physikstudenten genutzt. Bei kaltem, klarem Winterwetter ist die Sicht besonders gut. Da steigt Prof. Wurm gerne aufs Dach, um beispielsweise den Mond zu betrachten, der bei Halbmond wegen der Schattenbildung besonders gut zu beobachten ist.

Ob er denn mal zum Mars fliegen möchte? Die Antwort des sportlichen Professors ist "Star-Trek"-kundig: "Wenn ich mich auf den Mars beamen lassen könnte, um dort zwei Wochen zu bleiben, würde ich das tun. Aber jahrelang von der Erde weg: das möchte ich nicht."

(pk)
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