Interview Gfw-Geschäftsführer Ralf Meurer Wirtschaftsförderung richtet sich neu aus

Duisburg · Die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GFW) Duisburg wagt einen Neuanfang. Geschäftsführer Ralf Meurer erklärt, was sich durch die Neustrukturierung ändern wird. Im Kern will sie sich auf weniger konzentrieren, auf das aber umso intensiver.

 Ralf Meurer ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GFW) Duisburg.

Ralf Meurer ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GFW) Duisburg.

Foto: reichwein

Herr Meurer, wie weit sind Sie mit der Umstrukturierung im Hause?

Meurer Die interne Neuorganisation ist so gut wie abgeschlossen. Wir haben die Zuständigkeiten unserer Mitarbeiter umverteilt. Das ging relativ einfach, weil wir sehr flache Hierarchien haben.

Es musste also kein Mitarbeiter gehen?

Meurer Nein.

Weshalb die Neustrukturierung?

Meurer Wir waren früher sehr breit aufgestellt, haben alle möglichen Projekte initiiert und begleitet. Bei immer knapper werdenden Ressourcen wurde das aber zunehmend schwieriger. Das konnten wir nicht mehr leisten. Wir hatten einfach nicht mehr die Kapazitäten. Und durch die Vorgaben, die wir von unseren Gesellschaftern haben, können wir auch nicht beliebig wachsen. Da fehlen uns die finanziellen Mittel.

Was wird sich denn nun konkret ändern?

Meurer Der Kern ist: Wir grenzen unsere Tätigkeitsbereiche ein. Weg von der Breite, den Fokus auf einzelne Themen richten, die wir dann aber konzentriert abarbeiten. Darum geht es bei der Neukonzeption vor allen Dingen.

In welchen Bereichen werden Sie künftig nicht mehr tätig sein?

Meurer Zum Beispiel stellen wir unsere Aktivitäten in der Branchenentwicklung ein. In der Vergangenheit haben wir Netzwerke initiiert, Veranstaltungen ins Leben gerufen, um die Branchen zu fördern. Inzwischen gibt es aber viele Landesinitiativen, die diese Arbeit übernehmen. Etwa im Bereich Metallische Werkstoffe. Wir hatten hier sehr erfolgreich ein Netz aufgebaut mit großen und kleinen Unternehmen, der Universität. Das lief hervorragend. Inzwischen gibt es aber ein Landescluster, in dem dieses Feld aufgeht. Da braucht man keine lokale Initiative mehr. Genauso gibt es ein Landescluster Logistik. Auch der Duisburger Hafen ist hier sehr stark vertreten. Wir müssen da keine doppelte Arbeit machen. Die Ressourcen können wir anders einsetzen. Aber unsere etablierten Netzwerk-Veranstaltungen wird es natürlich weiterhin geben.

Aus welchen anderen Feldern werden Sie sich zurückziehen?

Meurer Wir werden uns auch nicht mehr so intensiv um den Fachkräftemangel kümmern. Damit hatten wir uns früh und intensiv beschäftigt. Zum Beispiel haben wir das Projekt "Haus der kleinen Forscher" begleitet. Das haben wir jetzt abgegeben an die Volkshochschule. Auch werden wir unsere Messeaktivitäten zurückschrauben. Wir werden jetzt nur noch auf der ExpoReal in München vertreten sein, nicht mehr auf der MIPIM in Cannes. Auftritte auf Messen sind einfach sehr aufwändig und teuer. Das können wir uns nicht mehr leisten.

Um die Neuansiedlung von Unternehmen kümmern Sie sich weiter?

Meurer Das tun wir. Und in diesem Bereich hat sich in der jüngsten Vergangenheit ja auch viel getan. Ich erinnere zum Beispiel an die Ansiedlung von NGC auf Logport 1, von Anssems in Hohenbudberg oder an das Lanuv, das am Hauptbahnhof bauen wird. Das alles ist nicht zuletzt durch unsere Mithilfe möglich geworden. Natürlich werden wir auch weiterhin in diesem Bereich tätig sein. Nur haben wir jetzt die Angebot- und die Nachfrageseite in eine Hand gelegt. Früher war das getrennt, was aber wenig Sinn machte. Derjenige, der jetzt eine Nachfrage bekommt, kennt auch die Angebotsseite.

Sie sagten, Sie wollten sich auf wenige Dinge konzentrieren. Was wird künftig Ihre Kernkompetenz sein?

Meurer Wir konzentrieren uns auf die Bestandsentwicklung. Die Unternehmen, die da sind, sollen sich vernünftig entwickeln können. Wir wollen sie dabei unterstützen.

Wie könnte das aussehen?

Meurer Zum einen bemühen wir uns darum, dass unsere Unternehmen genügend Flächen bekommen. Gerade in einem Ballungsraum ist das sehr schwierig, wenn Wohnbebauung relativ nah dran ist, unterschiedliche Interessen vorliegen. Wir brauchen Grünflächen in der Stadt, aber wir brauchen eben auch Gewerbe- und Industrieflächen. Bei den Gewerbeflächen geht es noch einigermaßen, aber Industrieflächen sind kaum noch vorhanden. Da müssen wir mit der Wirtschaft zusammenarbeiten und auf Politik und Verwaltung einwirken.

Das allein wird wahrscheinlich nicht ausreichen. Wie wollen Sie noch dafür sorgen, dass sich die Unternehmen hier wohlfühlen und bleiben?

Meurer Im Sinne der Bestandsentwicklung haben wir uns auch neue Themenfelder überlegt, bei denen es Sinn macht einzusteigen. Zwei liegen uns besonders am Herzen: erstens das Thema "Industrie 4.0", das heißt die Digitalisierung der Produktion. Immer mehr Produktionsprozesse werden digital umgesetzt und vernetzt. Das ist eine große Herausforderung für die Unternehmen, gerade den Mittelstand. Das setzt voraus, dass die Unternehmen entsprechend vorbereitet sind. Auf die Chancen, die sich daraus ergeben, aber natürlich auch auf die entsprechenden Risiken. IT-Sicherheit spielt da eine ganz große Rolle. Und die Digitalisierung der Produktion kann auch nur funktionieren, wenn ich eine entsprechende Internetverbindung habe.

Thema Breitbandversorgung?

Meurer Genau, da sind wir gerade dabei, zusammen mit den zuständigen Stadtwerke-Töchtern. Breitbandversorgung in den Gewerbegebieten ist eine zwingende Voraussetzung. Wenn sie nicht da ist, kann ich mir alles andere schenken. Verschiedene Unternehmen sind schon auf uns zugekommen und haben Probleme mit der Internetversorgung gemeldet. Da wollen wir möglichst bald Lösungen anbieten.

Und das zweite große Thema?

Meurer Das ist das Thema Klimaschutz / Ressourceneffizienz. Wir versuchen, die Unternehmen dafür zu sensibilisieren, ressourceneffizienter zu arbeiten. Zum einen, um wirtschaftlicher zu werden, Geld einzusparen und damit zukunftsfähiger zu sein. Und zum anderen natürlich, um Klimaschutzziele zu erreichen.

Wie sieht das genau aus?

Meurer Wir gehen zusammen mit Beratern der Effizienz-Agentur NRW in die Betriebe und schauen, was man machen kann und versuchen, den Unternehmen Möglichkeiten aufzuzeigen. Es könnte zum Beispiel überlegt werden, bestimmte Rohstoffe gemeinsam einzukaufen. Oder ein anderes Beispiel: Der eine hat nur Abwärme, der andere braucht Wärme, um seine Halle zu heizen. Warum kann man die beiden Unternehmen nicht zusammenbringen? Wir und unsere Partner von der Effizienz-Agentur geben Tipps und begleiten Projekte, die sich daraus ergeben. Gerade laufen zwei verschiedene Projekte in den Gewerbegebieten Neuenkamp/Kaßlerfeld und Mevissen. 30 Unternehmen machen mit. Das zeigt, wie groß das Interesse an diesem Thema ist.

SANDRA KAISER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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