Werner Ruzicka "Wir schauen nach dem Besonderen"

Duisburg · Am 6. November beginnt die 41. Duisburger Filmwoche. Deren langjähriger Leiter verspricht Filme, die hellwach sind und hellwach machen. Sie können auch ein Gegengift zu "Fake-News" und richtungslosen Talkshows sein.

 Kopf der Duisburger Filmwoche: Werner Ruzicka.

Kopf der Duisburger Filmwoche: Werner Ruzicka.

Foto: Peter Klucken

Das Motto der Filmwoche heißt in diesem Jahr "Mittel der Wahl". Auf den Plakaten und der Programmbroschüre ist ein Medikamentenschieber zu sehen, in dessen Fächern Pillen in vielen Farben liegen. Sollen Dokumentarfilme so etwas wie eine Heilwirkung oder Korrektivfunktion haben?

ruzicka Wie oft ist unser Motto und Plakatmotiv auch in diesem Jahr etwas (selbst)ironisch gemeint. Aber warum sollte man nicht den Dokumentarfilm als eine Art 'Gegengift' angesichts von Fake-News oder hemmungslos-und richtungsloser Talkshows verstehen? Was wir natürlich kategorisch zurückweisen: Dass der Dokumentarfilm eine Schlaftablette sei... Im Gegenteil: Die Filme dieses Jahres sind hellwach, machen hellwach.

Die Duisburger Filmwoche hat zwar ein Motto, aber keine Themenbeschränkung. Wie kann man da eine Auswahl fürs Programm treffen, wenn die Mitglieder der Auswahlkommission gewissermaßen Äpfel mit Birnen in Konkurrenz bringen müssen?

Ruzicka Das ist das Ergebnis intensiver und sehr verantwortungsbewusster Arbeit. Jeder Film erfährt neugierige Aufmerksamkeit. Aber am Ende muss natürlich entschieden sein - und da treten die Arbeiten natürlich in eine Art Konkurrenz, wie auch anders.

Gibt es im Programm diesmal Filme, die typisch für den Zeitgeist sein könnten?

ruzicka Man könnte hier die Beschäftigung mit 'Heimat' nennen- den alten wie neuen. Dass man die alten verschwinden sieht, man sich in den neuen fremd fühlt. Wir sehen die Gesellschaften in Bewegung, und zugleich auf der Suche nach Beständigkeit. Das betrifft die Arbeit, die Familie, die Orte des Lebens.

Sie sagen, dass sich Filmwochen-Filme "wohltuend vom TV-Schema" abheben. Andererseits freut sich ja wohl jeder Filmautor, wenn seine Produktion im Fernsehen gezeigt wird...

Ruzicka Dass wir nicht gegen 'das' Fernsehen sind, zeigt ja schon unsere Medienpartnerschaft mit den beiden europäischen Kulturkanälen ARTE und 3sat, die in Duisburg ihre renommierten Dokumentarfilmpreise vergeben. Aber es ist schon richtig: Reality-TV und mindere Doku-Soaps schätzen wir nicht sehr. Wir schauen schon nach dem Besonderen, 'Unschematischen'. Und dies gibt es immer noch zu finden - gerade von jungen Autorinnen und Autoren.

Zum Auftakt der Filmwoche wird die Dokumentation "Die anderen Plätze" gezeigt, der zum Teil in Duisburg-Wedau gedreht wurde. Ist das mehr als eine Verbeugung vor dem Veranstaltungsort?

Ruzicka Wir sehen ja im Augenblick, dass durch die wahnsinnigen Ablösesummen auch im Fußball alle Maßstäbe verrücken. Das ist ein ziemlich gnadenloser Sport geworden. Unser Film zeigt, wie es den Spielern geht, die keinen Vertrag haben und sich gleichwohl fit halten wollen, so in Duisburg-Wedau. Ein sehr aktueller Sportfilm also; dass er in Duisburg spielt, war für unsere Auswahl natürlich ein Elfmeter.

PETER KLUCKEN

(RP)
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