Duisburg Wieder das Don Giovanni-Prinzip

Duisburg · Die Gewitter-Szene am Anfang soll an den Film "The Rocky Horror Picture Show" erinnern. In einem düsteren Schloss geht die Zeitreise zurück in die Tiefen des menschlichen Begehrens.

Im Duisburger Haus der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg wurde die zwei Jahre junge Produktion der Oper "Don Giovanni" von Wolfgang Amadeus Mozart wieder aufgenommen, die hier eine Spielzeit lang nicht zu erleben war.

Die Regisseurin Karoline Gruber sah in dem Titelhelden weniger den notorischen Verführer, der ja während der ganzen Oper nicht ein einziges Mal zum Zuge kommt, als vielmehr ein anarchisches Prinzip, dem sich die übrigen Figuren so oder so nicht entziehen können, sie erstarren oder werden hyperaktiv. An den Türen sind Jahreszahlen angebracht, zu denen die Menschheit sich von Zwängen befreite wie 1648 (Westfälischer Frieden) oder 1789 (Französische Revolution). Die beiden Akte steigern sich bis zum jeweiligen Finale zu ausgelassenen Orgien.

Zudem hatte die Regisseurin die aktive Rolle der Frau thematisiert, im Bühnenbild (Roy Spahn) angedeutet durch Anspielungen an das Gemälde "Odysseus und Kalypso" von Max Beckmann. So wurde Donna Anna hier nicht fast von Don Giovanni vergewaltigt (wie sie steif und fest behauptet, um ihren Verlobten Don Ottavio abzulenken), sondern hat ihn selbst verführt. Es geht laut Karoline Gruber um die weibliche Sehnsucht nach sexueller Begegnung (Donna Anna) oder einer beständigen Liebesbeziehung (Donna Elvira).

Bei der Duisburger Wiederaufnahme waren einige Debüts zu verzeichnen, die man nur sensationell nennen kann. Allen voran Bogdan Baciu als herrlich arroganter Don Giovanni, wozu ihn zumindest sein kerngesunder Bariton berechtigte. Zum Beispiel in dem fälschlich "Champagner-Arie" genannten "Fin ch'han dal vino", aber auch mit schönen Zwischentönen in der Canzonetta mit Mandoline "Deh vieni alla finestra". Sehr gut auch Heidi Elisabeth Meier als Donna Anna und Ovidiu Purcel als Leporello, Letzterer bereits in der Register-Arie "Madamina, il catalogo è questo". Nicht zu vergessen der Dirigent Lukas Beikircher, der den Duisburger Philharmonikern einen kompakten und zugleich treffsicher-spritzigen Mozart-Klang entlockte. Es war schon eine kluge Entscheidung, die Duisburger Philharmoniker in alter deutscher Sitzordnung antreten zu lassen, mit den Celli vorne in der Mitte und den Kontrabässen vor der linken Seitenwand.

Nächsten Vorstellungen: 29. September, 18.30 Uhr, 2. und 6. Februar, 17. und 20. April, 23. Juni 19.30 Uhr. Karten: 0203 / 3009-100.

(hod)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort