Duisburg Wie Buchstaben zu Gemälden werden

Duisburg · Udo Schwidder bietet regelmäßig Kalligraphie-Workshops an. Die Teilnehmer lernen hier nicht nur die alte Schriftkunst, sondern erfahren auch Interessantes über die Erfindung des Papiers und seine heutige Herstellung. Ein Besuch.

 Konzentriert üben die Kursteilnehmer mit Feder und Tusche, den vorgegebenen Buchstaben möglichst nahe zu kommen.

Konzentriert üben die Kursteilnehmer mit Feder und Tusche, den vorgegebenen Buchstaben möglichst nahe zu kommen.

Foto: Volker Poley

Bevor es an die ersten praktischen Übungen geht, informiert Kursleiter Udo Schwidder die Teilnehmer seines Kalligraphie-Workshops im Atelier "artrio" erst einmal über den historischen Hintergrund der alten Schriftkunst. Die Kursbesucher erfahren Interessantes über die Erfindung des Papiers im alten China, einer Mischung aus Seidenabfällen, Hanf und alten Lumpen, über die Nutzung von Pergament (aus Tierhäuten hergestellt) als ehemaliger Schrift-Träger in den Ländern des Mittelmeerraums und über die heutige industrielle Papiergewinnung aus Zell- und Holzstoff.

Schwidder hat auch ein umfangreiches Sortiment an Schreibmitteln dabei, unter anderem auch einige Federkiele, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch als gängiges Schreibgerät Verwendung fanden. "Allein die Bank of England benötigte im Jahr 1820 mehr als 1,5 Millionen Gänsekiel-Federn für ihren Geschäftsbetrieb", erläutert Schwidder, der selbst ein Schreibwarengeschäft in der City führt. Das auch heute ab und an genutzte natürliche Schreibwerkzeug - geeignet sind nur die Flugfedern - wurde erst mit Beginn der Industrialisierung von maschinell erzeugten Stahlfedern abgelöst. Der Schrift-Experte macht auch den Unterschied zwischen Tinte und Tusche deutlich: "Tusche ist durch seine Kohle-Zusätze dokumentenecht, Tinte verblasst im Laufe der Jahre."

Nach dem theoretischen Teil stehen dann die ersten praktischen Übungen auf dem Programm. Zuvor macht Kursleiter Schwidder noch einmal klar, dass es zur Schreibkunst-Philosophie gehöre, sich viel Zeit zu nehmen und alles in Ruhe anzugehen: "Handgeschriebenes hat etwas Einzigartiges, mit Hilfe der Kalligraphie setzt man dabei Worte in kunstvolle Schriftbilder um." Ein weiterer wichtiger Aspekt, gerade in der heutigen von elektronischen Medien geprägten schnelllebigen Zeit, sei das Zeichen, das man mit einem eigenhändig verfassten Text aussende: "Ich habe mir Zeit genommen."

Konzentriert üben die Kursteilnehmer mit Feder und Tusche daran, den vorgegebenen Buchstaben möglichst nahe zu kommen, offensichtlich ganz zur Zufriedenheit ihres "Lehrers": "Das sieht doch schon ganz gut aus", lobt er.

Im Laufe des Lehrgangs (drei Kursabende, jeweils montags) werden die Teilnehmer lernen, unterschiedliche Effekte mit verschiedenen Schreibfedern und unterschiedlichen Schriftarten zu erzielen. Ein reines Ab- und Nachschreiben ist nicht Sinn des Lehrgangs, stellt Schwidder klar: "Das ist ein kreativer Prozess, jeder muss seinen eigenen Weg finden."

Anja Wegmann kann sich gut vorstellen, demnächst aus ihren eigenen Fotos kleine Kunstkarten zu erstellen und diese dann entsprechend der neu erworbenen Fähigkeiten zu beschriften. Andere Teilnehmer sehen Möglichkeiten, Gästebücher auf diese Weise zu gestalten oder auch individuelle Einladungs- und Tischkarten mit Hilfe der neu erworbenen Kenntnisse anzufertigen.

Udo Traband "outet" sich als leidenschaftlicher Briefschreiber, der mit dem Besuch des Kalligraphie-Kurses sein Schriftbild verbessern möchte. Der Buchholzer kann sich auch gut vorstellen, Präsente auf diese Art zu beschriften und aufzuwerten: "Das ist doch einfach schön und verleiht dem Ganzen eine persönliche Note", sagt Traband begeistert.

(pol)
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