Duisburg Wettlauf gegen die Zeit

Duisburg · Ruben Wedel von der Kindernothilfe ist am späten Freitagnachmittag im Katastrophengebiet angekommen. Er musste sich von der Dominikanischen Republik aus hunderte Kilometer bis in die haitische Hauptstadt durchschlagen.

Eigentlich müsste Ruben Wedel völlig erschöpft sein. Seit Tagen ist der 29-Jährige auf den Beinen. Am späten Donnerstagabend ist der Koordinator der Kindernothilfe Duisburg gemeinsam mit Ärzten und Krankenschwestern der Hilfsorganisation humedica in Punta Cana (Domikanische Republik) gelandet. Zeit zum Verschnaufen blieb ihm nicht. "Wir können uns keine Pause leisten, die Zeit arbeitet gegen uns.", sagte Wedel uns kurz nach seiner Ankunft am Telefon.

Mühsame Anreise

Minütlich schwindet die Hoffnung, im vom Erdbeben zerstörten Haiti noch Überlebende aus den Trümmern zu bergen. Immer noch haben die Rettungskräfte große Probleme, in das Katastrophengebiet vorzustoßen.

Nur sehr wenige Maschinen dürfen direkt auf dem völlig überlasteten und vom Beben stark in Mitleidenschaft gezogenen Flughafen auf Haiti landen. Die meisten Helfer müssen sich wie Wedel auch vier Tage nach dem schweren Erdbeben immer noch von der Dominikanischen Republik aus irgendwie nach Haiti durchschlagen.

Wertvolle Zeit geht dadurch verloren — Zeit, die weder die Retter noch die Opfer haben. Um drei Uhr Ortszeit erreichte Wedel am Freitagmorgen mit einem Bus die Dominikanische Hauptstadt, kaufte Proviant für die Weiterfahrt ins Katastrophengebiet ein. Mit Jean-Baptiste, einem einheimischen Helfer der Kindernothilfe, steht Wedel auf seinem Weg ins Katastrophengebiet im ständigen Kontakt. Er habe ihm von einem unvorstellbaren Grauen in der Hauptstadt Port-au-Prince berichtet.

Kinder brauchen dringend Hilfe

Die Sicherheitslage habe sich am gestern dramatisch verschlechtert. Jean-Baptiste habe von Plünderungen berichtet. Es soll bereits erste Aufstände auf den Straßen des bitterarmen Karibikstaates gegeben haben. Es mangelt an allem — nicht nur an Nahrung und Medikamenten. "Es fehlen Ärzte. In einem Krankenhaus muss sich ein Mediziner um 3000 teils schwer verletzte Menschen kümmern", sagte Wedel uns am Telefon. Vor Ort wird sich der 29-Jährige vor allem um die Kinder und Jugendlichen kümmern, die in den vom Erdbeben zerstörten Einrichtungen der Kindernothilfe untergebracht waren. Viele Kinder, die Paten in Duisburg und ganz Deutschland haben, sind tot oder werden noch vermisst. Die Kindernothilfe hat die finanzielle Soforthilfe am Freitag nochmals auf 200 000 Euro aufgestockt. Am späten Freitagnachmittag Ortszeit wollte Wedel die haitische Hauptstadt erreicht haben. Ob er es geschafft hat, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest. Der Telefonkontakt zu ihm riss gestern gegen 17.30 Uhr ab.

Unterdessen sind auch rund 30 Helfer der Duisburger Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany auf den Weg ins Katastrophengebiet. Wie Wedel werden auch sie in der Dominikanischen Republik landen müssen. Vor Sonntag werden sie die haitische Hauptstadt allerdings nur schwer erreichen können.

(RP)
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