Duisburg Was Jugendliche in Rheinhausen bewegt
Duisburg · Der Oberstufen-Literaturkurs der Heinrich-Heine-Gesamtschule hat in diesem Jahr erstmals ein eigenes Stück verfasst und auf die Bühne gebracht – ein Stück mit jeder Menge Lokalkolorit und Themen, die den Jugendlichen wichtig sind.
Der Oberstufen-Literaturkurs der Heinrich-Heine-Gesamtschule hat in diesem Jahr erstmals ein eigenes Stück verfasst und auf die Bühne gebracht — ein Stück mit jeder Menge Lokalkolorit und Themen, die den Jugendlichen wichtig sind.
Theateraufführungen haben die Oberstufen-Literaturkurse der Heinrich-Heine-Gesamtschule schon viele auf die Beine gestellt. Aber dies waren immer Adaptionen literarischer Vorlagen. In diesem Jahr haben sich die 24 Schüler erstmals keiner bekannten Autoren bedient; stattdessen haben sie selbst ein Stück verfasst. Zudem führten sie Regie und kümmerten sich um Technik, Bühne und Requisite. Am Donnerstag war die umjubelte Vorpremiere vor Schülerpublikum, heute Abend ist Premiere.
"Hiebe & Liebe in unserm Viertel" lautet der Titel des anderthalbstündigen Stücks. Hiebe, weil es um Gewalt geht, um Dinge, die andere Menschen einem antun, Freunde, die einen verraten, Steine, ja ganze Felsbrocken, die einem in den Weg gelegt werden. Aber die Botschaft lautet: Man muss sich aufrappeln, darüber hinwegsteigen. Liebe, weil die Klammer des Stücks eine Liebesbeziehung bildet — eine unglückliche, muss man dazusagen. Erst sind Mick und Marie unsterblich verliebt, dann wird es kompliziert — bis Marie einen Schlussstrich zieht und die Beziehung beendet. Zurück bleibt Mick, am Boden zerstört. Auch ein Jahr später kommt er noch jeden Samstag in das Café im Marktforum, in dem sie sich immer getroffen haben. "Alles, was mir bleibt, ist dieser Ort, wo alles begann und alles endete", sagt er. "Hier ist sie mir immer noch nah."
Das Marktforum ist nicht der einzige bekannte Ort — der Stadtteil ist allgegenwärtig. "Zur Vorbereitung sollten die Schüler unter anderem Orte aufsuchen, an denen sie sich oft aufhalten. Sie sollten diese Orte auf sich wirken lassen und ihre Gefühle niederschreiben", erklärt Lehrerin Monika Schiestl. Fotos von diesen Orten werden per Beamer auf eine Leinwand auf der Bühne geworfen: etwa vom Toepper, vom Volksparkstadion, vom Vereinsheim der Satudarah, von der Brücke der Solidarität. Davor spielen sich dann verschiedene Szenen ab. Sie spiegeln die Themen, die das Leben der Jugendlichen bestimmen: Liebe, Liebeskummer, Streit, Schule, Eifersucht, Schokolade, Fast Food, Sport in der Muckibude.
Viel Applaus gab es beispielsweise für Tayyip Celik, Harun Katran, Fatmir Mehmetaj und Enver Turan und ihr Beatboxing als Hommage an den Fußball. Oder für die Szene auf dem dunklen Rheinhauser Marktplatz, in der zwei Frauen (Mandy Bienst und Beyza Bulasma) mehrere Männer in schwarzen Kapuzenjacken und teuren Autos dabei beobachten, wie sie illegalen Geschäfte nachgehen. Oder für die am Rheinhauser Bahnhof, wo eine junge Frau die anderen abcheckt — einen Typen mit Sporttasche, ein junges Paar, einen Büromenschen, eine ältere Frau und ihre Tochter — und sich fragt, wer diese Menschen wohl sind, was sie gerade denken und was sie vorhaben. Oder für die Schwarzlichtszene bei der Fahrschule. Aus Lautsprechern heulen Motoren auf, quietschen Bremsen, scheppert es auch mal. Zu sehen sind lediglich zwei Autoreifen und ein Lenkrad, die Darsteller Tarik Masovic, Anita Boshnjaku und Fatmir Mehmetaj bleiben völlig unerkannt. Und doch kann sich jeder in die Situation hineinversetzen. Weil es ein Thema ist, was Jugendliche in Rheinhausen bewegt.