Warnstreik in NRW Duisburger spürten den Streik vor allem beim Nahverkehr

Duisburg · Am Dienstagmorgen ist der Warnstreik der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auch in Duisburg angelaufen. Die Busse und Bahnen der Duisburger Verkehrsbetriebe (DVG) blieben im Depot. Viele Duisburger mussten sich eine Alternative zu Bus und Bahn suchen, um zur Arbeit, zur Uni oder in die Schule zu kommen.

Verdi-Streik in Duisburg
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Warnstreiks von Verdi legen am Dienstag den Nahverkehr in Duisburg lahm. Bei der DVG sind 1100 Beschäftigte dazu aufgerufen, die Arbeit für einen ganzen Tag niederzulegen. Busse und Bahnen haben ab Betriebsbeginn um 3 Uhr die Betriebshöfe nicht verlassen. Betroffen sind alle 65 Bahnen und 115 Busse des Verkehrsunternehmens.

Verdi hatte den Streik bereits am Wochenende angekündigt. Deshalb waren viele der Pendler, die am Dienstagmorgen über den Duisburger Hauptbahnhof zur Arbeit fuhren, gut auf den Streik vorbereitet. Das große Chaos blieb hier aus, denn viele hatten gar nicht erst versucht, mit Bus und Bahn zur Arbeit zu kommen, sondern waren von Vornherein aufs Auto, oder, wenn möglich, aufs Fahrrad umgestiegen.

An der Station der "metropolradruhr" am Hauptbahnhof Duisburg waren Leih-Fahrräder denn am Morgen auch Mangelware. Taxen gab es stattdessen noch ausreichend. Christine Geppert gehört zu denjenigen, die spontan auf das Taxi umsteigen mussten: "Mein Bus in Moers ist zwar gefahren, allerdings mit 20 Minuten Verspätung. Deshalb habe ich meine Anschlussbahn verpasst und bin schließlich auf ein Taxi umgestiegen", erzählt sie.

Die Warnstreiks von Verdi betreffen mehrere Verkehrsgesellschaften in der Region, darunter die DVG, die Rheinbahn in Düsseldorf und die Niederrheinischen Verkehrsbetriebe NIAG, die die Standorte Moers, Kleve, Wesel und Dinslaken betreut. Das merken vor allem Pendler wie Christine Geppert, die in der einen Stadt wohnen, aber in einer anderen arbeiten. Der Notfahrplan der Niag, der am Morgen im Berufsverkehr zusammengebrochen war, funktionierte am Nachmittag wieder gut. Regelmäßig fuhren am Duisburger Hauptbahnhof Busse von und nach Moers und Umgebung ein.

Duisburger haben viel Verständnis für die Streikenden

Trotz der Behinderungen und Ausfälle herrscht bei den Duisburgern am Dienstagmorgen viel Verständnis für die Streikenden. Dorothe Rein wartet nach ihrer Nachtschicht im Krankenhaus am Duisburger Hauptbahnhof darauf, dass ihre Schwester sie abholt - mit der U-Bahn kann sie heute schließlich nicht nach Hause fahren. "Ich bin genervt von dem Streik", sagt sie. Doch sie findet es trotzdem gut, dass die Beschäftigten ein Zeichen setzen wollen: "Das Nahverkehrs-Ticket wird immer teurer. Doch die Bahn- und Busfahrer merken bei ihrem Gehalt nichts von den Preiserhöhungen. Das ist nicht in Ordnung", meint Dorothe Rein.

Auch Elfi Leineweber findet den Streik gut. "Bus- oder Bahnfahrer ist ein sehr stressiger Job. Er sollte fair entlohnt werden", sagt die 49-Jährige. Sie selbst ist allerdings nicht von dem Streik betroffen und geht zu Fuß zu ihrem Arzttermin in der Duisburger Innenstadt.

Obwohl der Streik im Vorfeld angekündigt worden ist, gibt es am Dienstagmorgen auch Einige, die von ihm überrascht werden. Cornelia L. muss von Duisburg nach Wittlaer und weiß nicht, wie sie dorthin kommen soll. Nach einem kurzen Telefonat mit ihrem Chef gibt es die Lösung: Sie wird sich ein Taxi nehmen. "Gut, dass ich heute zufällig so viel Geld eingesteckt habe", meint sie. Das Geld fürs Taxi bekommt sie später von ihrem Arbeitgeber zurück.

Arbeitnehmer müssen trotz Streik pünktlich sein

Übrigens: Laut Essener Unternehmensverband sind Arbeitnehmer auch bei Nahverkehrsstreiks verpflichtet, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. "Das sogenannte "Wegerisiko" liegt beim Arbeitnehmer", erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Kanders am Montag. Die Streiks seien lange genug im Voraus angekündigt worden, so dass sich jeder darauf für den Weg zur Arbeit oder bei der Kinderbetreuung einstellen könne.

Dennoch hätten die meisten Arbeitgeber wohl Verständnis, wenn ein Mitarbeiter sich wegen des Streiks etwas verspäte. Mitarbeiter müssten über die Verspätung allerdings informieren. Erfahrungsgemäß ermöglichten Unternehmen bei diesen besonderen Situationen Mitarbeitern, die Arbeitszeit flexibler zu gestalten, ausgefallene Zeiten nachzuarbeiten oder kurzfristig Urlaub zu nehmen.

Auch die Stadtverwaltung Duisburg beteiligte sich am Streik

Die Verdi-Mitglieder der Stadtverwaltung Duisburg besuchten heute ihre Kollegen in den unterschiedlichen Ämtern in der Stadt. In den Gesprächen ging es darum, wie in Bezug auf die Tarifverhandlungen weiter vefahren werden solle. Chris Kruse, Organisator der Aktion und Mitglied der Verdi-Jugend, freut sich über die positive Resonanz der Kollegen: "Wir haben viele gute Gespräche geführt", sagt er.

Trotz Streik mussten die Schüler pünktlich im Klassenzimmer sein

Auch Schüler mussten trotz Streik pünktlich in der Schule erscheinen. Das Schulministerium NRW wies am Montag darauf hin, dass die allgemeine Schulpflicht gelte - egal, ob die Busse und Bahnen fahren oder nicht. Die RP hat sich am Steinbart Gymnasium in der Duisburger Innenstadt umgehört. Die meisten Schüler sind am Dienstag von ihren Eltern oder Angehörigen zur Schule gebracht worden. Bei der 16-jährigen Ann-Christin Rösner übernahm die Tante diese Aufgabe. Andere sind mit dem Rad oder, wenn möglich, zu Fuß in die Schule gekommen: Lina Schubert (16) erzählt: "Ich musste am Morgen eine halbe Stunde laufen, um zur Schule zu kommen. Pünktlich war ich aber trotzdem."

An der Realschule Süd in Duisburg fehlte in einigen Klassen heute am Dienstag der eine oder andere Schüler. Viele Eltern brachten ihre Kinder zur Schule. Dies bedeutete aber mitunter mehrere Fahrten, wenn jüngere oder ältere Geschwister zu unterschiedlichen Zeiten Schulschluss haben. Louis (sechste Klasse) erzählt: "Ich bin auf dem Hinweg von den Eltern eines Freundes mitgenommen worden. Aber bis meine Eltern mich nach der Schule abholen können, muss ich bei einem Freund warten." Einige Kinder waren auch nicht über den Streik informiert und warteten an den Haltestellen vergeblich auf den Bus.

An einigen Duisburger Schulen fanden am Dienstagvormittag sogar Klassenarbeiten und Oberstufenklausuren statt. Am Steinbart Gymnasium wurden die Leistungskurs-Klausuren um eine halbe Stunde nach hinten verschoben, um die eventuellen Verspätungen abzufangen. Schulleiter Ralf Buchthal hatte sich darauf eingerichtet, dass einige Schüler später eintrudeln werden: "Wir haben den Klausurtermin um 30 Minuten nach hinten verlegt, so dass die Bedrängnis bei den Schülern nicht ganz so eng ist", erklärte Buchthal.

Am Mittwoch fahren die Bahnen wieder normal

Ab Mittwoch, 3 Uhr morgens, sollen dann aber auch alle Bahnen und Busse der DVG und der Verkehrsbetriebe in den angrenzenden Städten wieder planmäßig fahren. Die Kunden-Center der DVG öffnen wieder am Mittwoch um 7 Uhr am Hauptbahnhof und um 9 Uhr in Marxloh.

Der Hintergrund des Streiks

Verdi reagiert mit den Streiks darauf, dass es in den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst bislang keine Annäherungen zwischen der Gewerkschaft und den Arbeitgebern gegeben hat. Der alte Tarifvertrag war im März ausgelaufen, eine neue Einigung ist deshalb notwendig. Die Gewerkschaft fordert für die rund 2,1 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Entgelterhöhungen um 100 Euro und zusätzlich 3,5 Prozent, eine Anhebung der Ausbildungsvergütung um 100 Euro monatlich sowie die unbefristete Übernahme der Auszubildenden. Die Verhandlungen werden am Donnerstag und Freitag in dieser Woche fortgesetzt. Mit den Warnstreiks im Vorfeld dieser Treffen will Verdi seine Position festigen.

(lsa)
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