Duisburg Von Zeit, Schall und Wahn

Duisburg · Herbert Hölscher stellt ab Sonntag in der Galerie Rheinhausen aus. Ein Besuch lohnt sich – vor allem für Literaturliebhaber. Denn ein Steckenpferd des Gocher Künstlers ist die Verdichtung literarischer Vorlagen.

Rheinhausen Herbert Hölscher liebt Bücher, das hat er immer getan. Auch schon vor 30 Jahren, als er mit der Malerei anfing. Damals schuf der Künstler noch Porträts, Gegenständliches. Doch das hat ihn irgendwann nicht mehr zufriedengestellt. Er begann damit, das, was er las, mit Pinsel und Farbe auf Leinwand zu bringen. Manchmal sind es nur ganz subtile Andeutungen, bei anderen Werken sind die literarischen Anspielungen schon eindeutiger. Besonders Literaturliebhabern also dürfte die Ausstellung, die ab Sonntag, 24. Oktober, in der Galerie Rheinhausen zu sehen ist, viel Freude bereiten.

Bei einem Rundgang durch die Ausstellung "Wer die Nacht sucht, der sieht auch die Sterne" merkt der Besucher schnell, dass es Herbert Hölscher vor allem die anglo-amerikanischen Autoren angetan haben. Das Thema Zeit spielt in seinen Werken eine wichtige Rolle. Ein immer wiederkehrender Hintergrund sind Wände und Mauern. Grau ist die dominierende Farbe, aus der einige wenige, oftmals rote Farbakzente herausbrechen. Durch dicke Schichten Acrylfarbe, aber auch durch Materialien wie Stoff, Wellpappe, Holz und Eisenbeschläge, gewinnen die Bilder des 58-jährigen Gochers einen plastischen, reliefartigen Charakter.

Das großformatige Werk "Time" etwa zeigt eine graue Mauer, auf der in Rot der Schriftzug TIME zu lesen ist – eine zugegebenermaßen recht versteckte Anspielung auf Aldous Huxleys "Zeit muss enden". Schon etwas gegenständlicher ist Hölschers Bild "Schall und Wahn". Ebenfalls auf einer grauen Mauer ist das Zifferblatt einer Uhr zu sehen, die Zeiger fehlen. Inspiriert wurde Hölscher hier durch William Faulkners gleichnamigen Roman von 1929, in dem die Zeit und Uhren wichtige Leitmotive sind. Die Stelle, in der Quentin Compson die Zeiger seiner Taschenuhr abbricht, hat für den Künstler aus Goch offenbar großen Symbolcharakter.

Eine weitere literarische Vorlage, die Hölscher künstlerisch verdichtet hat, ist Truman Capotes "Kaltblütig". Hölschers Bild zeigt eine Wand mit Einschüssen und Schildchen mit Nummern, wie sie die Polizei an einem Tatort aufstellt, um Beweismaterial zu dokumentieren.

Und da ist "Warten auf Godot", das Schlüsselwerk des irischen Schriftstellers Samuel Beckett, der das Theater des Absurden und die Weltanschauung des Existenzialismus' maßgeblich mitgeprägt hat. Das Stück spielt irgendwo, irgendwann. Die Zeit scheint aufgehoben. Es ist ein Warten – auf wen oder was eigentlich? – ohne Anfang und ohne Ende. Das Thema Zeit wird hier auf die Spitze getrieben, was Herbert Hölscher offenbar nachhaltig beeindruckt hat: Gleich zwei Werke in der Ausstellung widmen sich dem Stück, ein weiteres bezieht sich auf Becketts "Endspiel".

(RP)
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