Rp-Serie 14 Uhr In Duisburg Von Pärchen, Schülern und Reisefieber
Duisburg · Für die einen beginnt die Mittagspause, die nächsten fahren in den Urlaub, und wieder andere kommen gerade erst zur Arbeit. In der Mittagszeit gibt es am Duisburger Hauptbahnhof viel zu sehen.
Ich sitze auf einer der Bänke auf dem Bahnhofsvorplatz und beobachte die Menschen. Vor mir liegt die lärmende Baustelle. Der Bagger dreht sich immer wieder um die eigene Achse, während er Schutt von der Straße hebt. Nur vereinzelt laufen Menschen ins Bahnhofsgebäude. Klar, die meisten Menschen haben zur Mittagszeit noch keinen Feierabend.
Eine Gruppe Jugendlicher sitzt direkt neben mir. Die Musik hört sich sommerlich an. Irgendwie gänzlich unpassend an diesem grauen Tag. Plötzlich höre ich Gekicher. Ein kleines Mädchen rennt in eine Gruppe von Tauben, die erschrocken wegfliegt. Eine Mutter läuft ihrer Tochter nach und holt sie aus der Vogeltraube heraus. Die picken daraufhin genüsslich weiter die vereinzelten Essensreste vom Boden auf. Das Mädchen lässt jedoch nicht von ihnen ab und läuft immer wieder durch die Schar der grauen Vögel. Irgendwann scheint die Mutter zu resignieren, denn sie lässt ihre Tochter mit den Tauben toben. Dann holt sie ihr Smartphone heraus, hebt es in die Luft, grinst in die Kamera und macht tatsächlich ein Selfie von sich mit ihrer Tochter und den Tauben.
Ich mache mich auf den Weg in den Bahnhof. Vor dem Haupteingang stehen ein paar Raucher, die genüsslich an ihrer Zigarette ziehen. Der Imbissmann hat keine Kundschaft. Also schaut er auf sein Smartphone und beginnt zu tippen. Ich frage mich, ob er wohl das Selfie von der Mutter mit der Taubentochter bekommen hat?
Im Hauptbahnhof selbst laufen viele Menschen mit bunten Koffern zu den Gleisen. Der Blick auf die Anzeigetafel verrät mir, dass in zehn Minuten ein Zug Richtung Düsseldorf Flughafen fährt. Die Leute werden bestimmt verreisen, denke ich. Sie wollen wohl vor dem grauen Herbst fliehen. Doch wohin? Vielleicht nach Kreta oder sogar in die Karibik?
Ich setze mich auf eine Bank vor dem Deutsche-Bahn-Reisezentrum. Neben mit sitzt eine ältere Dame und kaut an den Resten ihres Cheeseburgers. Ich beobachte, wie viele Leute beim Laufen auf ihr Handy schauen. An der Anzeigetafel bleiben sie stehen, schauen kurz auf, um dann im gemütlichen Schritt weiter Richtung Gleise zu gehen, der Blick wieder auf ihre Smartphones gerichtet. Neben mich setzt sich ein Mann und telefoniert: "Ja der Rucksack ist weg. Die können mir hier auch nicht weiterhelfen", sagt er.
Er habe auch nur noch zehn Euro dabei und hoffe, dass der Rucksack in zwei oder drei Tagen endlich auftauche. In den Geschäften um mich herum ist kaum Betrieb. Da bleibt mein Blick am Schaufenster von Starbucks hängen. Davor stehen ein Mann und eine blonde Frau. Während er auf sein Handy guckt, redet sie auf ihn ein. Zwischen ihnen stehen zwei Koffer. Er schaut sie kurz an, läuft dann mit einem Koffer los. Sie beginnt zu diskutieren, stampft ihrem Mann mit dem anderen Koffer hinterher. Ich frage mich, ob die beiden wohl gerade aus dem Urlaub gekommen sind und ob das schlechte Wetter wohl etwas mit ihrer Laune zu tun hat. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als zwei Mädchen auf ihren Cityrollern an mir vorbeifahren und laut aufeinander einreden. Sie kommen offenbar aus der Schule und lassen ihren Tag Revue passieren. Da gibt es viel zu erzählen: zum Beispiel, was die unfreundliche Lehrerin heute wieder gemacht hat oder warum der Junge aus der Parallelklasse so süß ist. Ich laufe zu den Gleisen. Im Gang warten weitere Passagiere. Von Gleis eins kommt eine Gruppe mit Koffern die Treppen herunter gestürmt. Direkt neben mir läuft nun ein älteres Ehepaar, das seine Koffer mit bunten Stickern beklebt hat. Ob das wohl die Orte sind, an denen sie schon Urlaub gemacht haben, frage ich mich. Dann wären sie schon viel rumgekommen. Der Mann ruft: "Da, komm! Der Zug Richtung Flughafen Köln-Bonn!" Also geht es für die beiden erst los. Welcher Sticker danach wohl ihre Koffer schmücken wird?
