Duisburg Viele Kinder ohne Frühstück zur Schule

Duisburg · Die Stadt hat jetzt den vierten Sozialbericht vorgelegt. Er widmet sich dem Schwerpunktthema "Prekäre Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen" und kommt zu einigen bestürzenden Schlussfolgerungen.

So lernen Kinder richtig zu essen
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Foto: Königs, Bastian

Es ist keine leichte Kost, die den Lokalpolitikern und Verantwortlichen da serviert wird. Im Vorwort des Sozialberichts spricht Oberbürgermeister Sören Link von der "bedrückenden Lage, in der sich viele Kinder und Jugendliche" in Duisburg befinden". Das belegt der Bericht mit handfesten statistischen Daten. Die materielle Not vieler Familien in Duisburg schlägt sich auch im Alltag nieder. Auch dazu führt der Bericht zahlreiche Beispiele an. So nehmen in strukturschwachen Wohngebieten der Stadt ein Viertel der Schüler nicht an der Warmverpflegung in den Schulen teil und verbringen ihren Schultag ohne ausreichenden Imbiss. Schon 2005 wurde festgestellt, dass jedes zehnte Duisburger Kind ohne Frühstück in die Schule geht. Diese Mängel können auch vom Kinder- und Jugendtisch "Immersatt" oder der Duisburger Tafel nur zum Teil aufgefangen werden. Allein "Immersatt" verteilt täglich 600 bis 800 Frühstücksbeutel an 25 Schulen und gibt rund 230 warme Mittagessen aus. Dazu kommt, dass viele Freizeitaktivitäten und Kulturveranstaltungen nach Aussage des Berichts zu teuer sind. Bei Einladungen, Kindergeburtstagen und ähnlichen Veranstaltungen komme es häufig zur "Selbstausgrenzung", weil man bei den erwarteten Geschenken nicht "mithalten" kann.

Das Bildungs- und Teilhabepaket, das leistungsberechtigen Kindern und Jugendlichen unter anderem die Teilnahme an warmen Mahlzeiten sowie Aktivitäten wie Musikunterricht oder Mitgliedsbeiträge in Sportvereinen ermöglichen soll, hat aus Sicht der Betroffenen einen viel zu großen Aufwand für viel zu geringe Beträge. Für Sport oder Musik sind zehn Euro im Monat als Zuschuss vorgesehen.

Auch die Vergünstigen durch die Familienkarte, die in Duisburg an alle Familien mit Kindern ausgegeben werden, erfüllten ihren Zweck nur unzureichend. "Viele Angebote können sich Einkommensarme auch mit dem gewähren Rabatt nicht leisten", heißt es im Sozialbericht. Ähnliches gelte für den Ferienpass.

Eine Vielzahl von "Handlungsempfehlungen", die der Bericht vorschlägt, sollen die Situation verbessern. Dazu gehört die Vermittlung von "Alltagskompetenzen" in der Schule. Themen sollten dabei unter anderem sein: der Umgang mit Geld und finanziellen Angelegenheiten, gesunde Ernährung, Vermeidung ungewollter Schwangerschaften, Umgang mit Internet und sozialen Medien, Rechte und Pflichten beim Wohnen zur Miete.

Zudem schlägt der Sozialbericht vor, Gebrauchsgegenstände wie Kleidung, Spielzeug, Schulmaterial oder Fahrräder in "Kinder- und Jugendbörsen" oder "Stadtbezirksläden" kostenlos oder sehr preiswert abzugeben. Darüber hinaus sollten Großtagespflegestellen die Betreuungssituation verbessern und ein "Duisburg-Pass" oder ein vergleichbares Berechtigungssystem geschaffen werden, der ermäßigten Eintritt zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen ermöglicht oder kostenlose oder sehr günstig ungenutzte Plätze bei Theater- und Musikveranstaltungen anbietet. Dieses Angebot sollte weit über die schon vorhandenen Einrichtungen wie die Familienkarte hinausgehen.

Andere Forderungen des Berichts zielen auf verbesserte Bildungschancen und allgemeine soziale Einrichtungen: Ausbau der Kita-Plätze für unter Dreijährige, dezentrale Versorgung mit quartiersnahen Angeboten der Stadtbibliothek, verbindliche Vorsorgeuntersuchungen, Neuschaffung von sozialem Wohnungsbau.

Die "besondere Ausgangssituation" Duisburgs wirft ein schlechtes Licht auf die Stadt, so der Bericht: "Duisburg belegt bei vielen Indikatoren der sozialen Lage der Bevölkerung landesweit, und oftmals sogar bundesweit (im Vergleich der Großstädte) eine herausragende Stellung im negativen Sinn. Dies gilt beispielsweise sowohl für die Arbeitslosigkeit als auch für die SGB II-Dichte und die Überschuldung."

(RP/ac)
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