Pro und Contra Fasten Verzichten oder genießen - das ist ab heute die Frage
Duisburg · Von Aschermittwoch bis Ostern herrscht Fastenzeit. Auch heutzutage machen noch viele mit, obwohl die Meinungen weit auseinandergehen – selbst in der RP-Redaktion.
Von Aschermittwoch bis Ostern herrscht Fastenzeit. Auch heutzutage machen noch viele mit, obwohl die Meinungen weit auseinandergehen — selbst in der RP-Redaktion.
Pro
Es geht auch ohne. Seien wir doch mal ehrlich: Viele Dinge wissen wir erst dann zu schätzen, wenn wir sie verloren haben. Das kann man üben. Einmal auf Dinge des alltäglichen, vielleicht sogar überflüssigen Luxus verzichten — nicht zufällig, nicht aus einer Not heraus, sondern ganz bewusst. Nein, dafür braucht man keine religiös vorgeschriebene Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Karfreitag. Aber diese Zeit kann ein guter Anlass sein. Denn wer macht das schon sonst 40 Tage lang, ohne jeden äußerlichen Anlass? Ich kenne keinen. Und die heiligen Schwüre an Silvester über die letzte Zigarette, das letzte Bier oder die letzte Praline sind doch ohnehin schon längst vergessen, oder?
Fasten ist eine Sache des Verzichts, der im Kopf anfängt — und hat nichts mit Diät zu tun. Wer abnehmen will, soll sich gesund ernähren und gefälligst Sport treiben. Bis Ostern sind Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten tabu. Geraucht wird ohnehin nicht, exzessive Beschäftigung mit Computer und Fernsehen in der Freizeit muss auch nicht sein, und zum Brötchenholen kann das Auto ruhig einmal stehen bleiben. Geschummelt wird nicht, und sich selbst zu besiegen ist der schönste Sieg. Okay, dafür gehören fünf Euro ins Phrasenschwein — und doch stimmt's. 40 Tage können lang sein. Aber die Vorfreude auf Ostern steigt mit jedem Tag. Und hinterher bleibt das schöne Gefühl, es wieder einmal geschafft zu haben.
von Mike Michel
Contra
40 Tage zusammenreißen — was soll mir das bringen? Wer wirklich nachhaltig abnehmen möchte, muss seine Lebensweise überdenken und langfristige Konsequenzen ziehen mit gesunder und ausgewogener Ernährung und regelmäßigen Sporteinheiten und zwar über Monate, ein oder mehrere Jahre, wenn nicht gar für immer.
Anleitungen finden sich in allen möglichen elektronischen und Printmedien, eine komplette Sparte der Ernährungsindustrie beschäftigt sich nur mit unserer Figur und gesunder Ernährung. "Leicht" soll das Leben sein, ausgewogen zwischen Vitaminen, Fett und Kalorien. Zahllose Experten geben uns Tipps an die Hand, wie wir ohne Reue, aber mit Genuss durchs Leben kommen. Und natürlich müssen wir fit sein und bleiben bis ins hohe Alter. Niemand gibt heute gerne zu, dass er wenig oder gar keinen Sport treibt. Die vielgepriesene Besinnung auf sich selbst, das Sich-zurück-nehmen, das in der Fastenzeit stattfinden soll, kann aber durchaus auch ohne Askese erreicht werden. Der Genuss hingegen ist elementarer Bestandteil des menschlichen Lebens, das Streben nach Genuss prägt die Kultur.
Genuss ist, was das Leben schön macht, natürlich alles im vernünftigen Rahmen, den jeder Erwachsene selbst bestimmt. In diesem Sinne, eine frohe und sinnvolle Fastenzeit.
von Gabriele Harpers