Nahverkehr in Duisburg Wann kommen endlich die neuen Straßenbahnen?
Serie | Duisburg · Eigentlich sollten die neuen Straßenbahnen der DVG bereits ab Sommer 2021 geliefert werden. Der Hersteller Bombardier in Bautzen hat bisher zwei neue Bahnen nach Duisburg geliefert. Wie es weiter geht und wann die Duisburger mit den neun Bahnen fahren können.
Sie sind 34 Meter lang, 43 Tonnen schwer und haben 40 Kilometer Kabel in ihnen verbaut. Die Rede ist von den neuen achtachsigen Gelenktriebwagen. Sie fahren auf einer Normalspur und werden mit Drehstrom angetrieben, ihre Bezeichnung lautet „GT8ND“, was auf genau diese Eigenschaften hindeutet.
Bisher stehen erst zwei der neuen Serienfahrzeuge auf dem Betriebshof Grunewald. Sie wurden von Bombardier im Dezember 2021 beziehungsweise im Februar 2022 geliefert. Nach wie vor sind sie nicht als Linienfahrzeuge im Einsatz, weitere Straßenbahnen wurden auch nicht mehr geliefert.
Dabei war vertraglich etwas ganz anderes vereinbart. 47 Bahnen zu je 2,8 Millionen Euro, also insgesamt rund 135 Millionen Euro wurden bei dem Hersteller in Bautzen bestellt. Ab dem Sommer 2021 sollte alle zwei Wochen eine neue Bahn geliefert werden. „Inzwischen gibt es schon ein Jahr Lieferverzug“, moniert die DVG. Vertraglich wurde inzwischen nachgebessert: Nun sollen 49 der neuen Bahnen in Duisburg in Betrieb gehen.
Die Verträge über die neuen Straßenbahnen wurden mit einem nicht zu verachtenden Extra versehen: Auch die Ersatzteilversorgung und Instandhaltung wurden dabei vereinbart – und das gleich für 24 beziehungsweise 32 Jahre. Damit soll verhindert werden, was für die derzeit noch fahrenden Bahnen aus den 80er-Jahren immer mehr zum Problem wird. Die steigende Reparaturanfälligkeit und die Schwierigkeiten bei der Bestellung von Ersatzteilen sind dann nur noch mittelbar in Verantwortung der DVG.
Denn dieser Umstand führt wie auch der Personalmangel zu Ausfällen und Verspätungen. Die neuen Bahnen sind für die Linie 901 zwischen Obermarxloh und Mülheim sowie für die Linie 903 zwischen Dinslaken und Mannesmann Tor 1 vorgesehen.
Wann die Duisburger nun endlich mit neuen Bahnen fahren können, wissen auch die Fachleute der DVG zurzeit nicht. „Wir können dazu leider keinen konkreten Termin nennen“, heißt es dazu lapidar. Das liege daran, dass die DVG in dieser Hinsicht von anderen abhängig ist und es nicht selbst in der Hand hat.
Im Übrigen dürften die beiden Serienfahrzeuge, die schon seit Monaten in Duisburg sind, ohnehin noch nicht für Linienfahrten eingesetzt werden – sie haben noch keine offizielle Zulassung. Die ist mehr oder weniger Formsache, wenn die Vorserienfahrzeuge zugelassen sind. Zwei Vorserienfahrzeuge sind in Duisburg bereits im Herbst 2020 angekommen – auch sie sind bis heute noch nicht zugelassen.
Der Zulassungsprozess laufe weiterhin „auf Hochtouren“, heißt es dazu bei der DVG. Die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) habe bereits im vergangenen Jahr Unterlagen zur Prüfung erhalten. Ein Teil der noch fehlenden Unterlagen von Bombardier in der finalen Fassung fehle im August 2022 aber immer noch. „Sobald die fehlenden Unterlagen bei uns eingehen, prüfen wir sie und geben sie danach an die TAB weiter“, heißt es. Insgesamt umfasst die Dokumentation an die TAB ungefähr 18.500 Seiten.
„Wir warten weiterhin auf Unterlagen für die Zulassung von Bombardier“, erklärte DVG-Sprecherin Kathrin Naß am Montag auf Anfrage der Redaktion. Die Duisburger werden sich also weiterhin gedulden müssen.
Unterdessen werden die zwei Vorserienbahnen auf ihre Praxistauglichkeit untersucht. Insbesondere die steile Rampe am Rathaus und die engen Kurven in Ruhrort sind dabei die Knackpunkte. Intensive Tests auf dem Betriebshof haben bereits stattgefunden. Fahrten außerhalb des Betriebshofs finden nachts statt. Dann können auch Bremsmanöver bei normaler Geschwindigkeit getestet werden, was auf dem Betriebshof nicht geht. Die Fahrer und die Fachleute in den DVG-Werkstätten werden für die neuen Bahnen extra geschult.
Was mit den alten Bahnen geschieht, wenn sie ausgemustert und durch neue Modelle ersetzt werden, stehe noch nicht fest. Klar ist aber, dass der Betriebshof Grunewald erweitert wird. Denn während der Übergangsphase werden die alten Bahnen noch in Betrieb sein, ein Teil der neuen aber schon im Grunewald stehen. Das erfordert deutlich mehr Platz als bisher.
Mit einer Kapazität von 200 Fahrgästen gibt es mehr Platz als bisher, denn in den alten Bahnen gab es nur 175 Plätze. Die Fensterflächen sind größer. Das gilt auch für den Eingangsbereich, sodass das Ein- und Aussteigen schneller vonstatten gehen kann. Es gibt breitere Durchgänge, eine Klimaanlage und WLAN in den Fahrzeugen.
Ein neues Fahrgast-Informationssystem mit Doppelmonitoren zeigt Anschlussverbindungen und die Haltestellenperlenschnur an, damit Fahrgäste wissen, wie weit es noch bis zu ihrem Ziel ist. Stehhilfen zum Anlehnen und Klappsitze sollen mehr Bewegungsfreiheit für Rollstühle, Rollatoren, Kinderwagen und Fahrräder bieten. 70 Prozent der neuen Bahnen sind Niederflurmodelle, die einen leichteren Ein- und Ausstieg ermöglichen. Bei den alten Bahnen war nur jedes fünfte Exemplar derartig ausgestattet.
Eine Kollisionswarnanlage soll den Fahrern helfen, Gegenstände im Gleis leichter zu erkennen. Im Notfall löst dieses System auch selbstständig eine Notbremsung aus.
Zusätzlich zur jetzt schon vorhandenen Videoüberwachung gibt es auch eine Überwachung, die in der Fahrerkabine installiert ist. Der Fahrer kann so den Fahrgastraum überblicken und in Notfällen Unterstützung anfordern.
Die neuen Bahnen haben eine sogenannte „Spurkranzschmieranlage“ und sind daher vor allem auch in Kurven deutlich leiser. Sie werden mit Naturstrom aus Wasserkraft betrieben. Rückgewonnene Bremsenergie soll zum Heizen genutzt oder in das Oberleitungsnetzwerk eingespeist werden.
Für die Linie U79 wurden 18 neue Stadtbahnen in Auftrag gegeben. Sie sollen vom Hersteller Siemens gebaut werden und wurden gemeinsam für rund 55 Millionen Euro mit der Düsseldorfer Rheinbahn bestellt. Geplant war, dass die Bahnen ab 2024 ausgeliefert werden sollten. Doch auch hier wird es zu Verzögerungen kommen.