Duisburg Verführung zur französischen Literatur

Duisburg · Die renommierte Kulturjournalistin Iris Radisch las in der ausverkauften Zentralbibliothek.

 Temperamentvolle Kulturjournalistin mit viel Witz: Iris Radisch.

Temperamentvolle Kulturjournalistin mit viel Witz: Iris Radisch.

Foto: mönter

Die Franzosen schreiben vor allem deswegen so gute Bücher, weil sie ein so komplexes Liebesleben haben. Das ist als Fazit eines Kapitels nur ein halber Scherz von Iris Radisch in ihren neuen Buch "Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben. Von Sartre bis Houellebecq".

Jetzt stellte die renommierte und temperamentvolle Kulturjournalistin, Jahrgang 1959, die unter anderem Romanistik studierte, dieses Buch in der ausverkauften Zentralbibliothek für den Verein für Literatur Duisburg vor. "Franzosen" sind in diesem Sinne alle Französischsprachigen weltweit, so wie es der französische Präsident Emanuel Macron kürzlich zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse betonte: Es gibt keine französische Kultur mehr im Sinne einer Kultur nur Frankreichs, sondern dazu zählen alle, die sich zu den Werten der französischen Republik bekennen. Autoren zum Beispiel aus Algerien verbinden Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit mit der französischen Sprache, und die Literatur in Frankreich hat sich durch Zuwanderung vor allem aus den ehemaligen Kolonien "kreolisiert" (gemischt), so wie es die Autoren Aimé Césaire und Édouard Glissant von der französischen Karibikinsel Martinique gezeigt haben. Umgekehrt kann man heute nicht mehr - wie zu Jean-Paul Sartres Zeiten - die geistige Elite Europas im Pariser Café de Flore versammelt finden, französische Schriftsteller wie Marie NDiaye und Cécile Wajsbrot wohnen vorwiegend in Berlin (ohne deutsch zu sprechen) und algerische Autoren wie Boualem Sansal und Kamel Daoud müssen heute nicht mehr ihre Heimat verlassen, um frei schreiben zu können (vorausgesetzt, sie wählen die französische und nicht die arabische Sprache).

Bei Iris Radisch wird die Literaturwissenschaft selbst zur Literatur, mit viel Witz, raffinierter Dramaturgie und lebendigen Schilderungen von Zeiten und Menschen, hier der Befreiung von Paris 1944 und der von Geschichten sprudelnden algerischen Autorin Assia Djebar. "Durch Ihr wunderbares Buch habe ich sogar den schwierigen Nouveau Roman endlich verstanden", freute sich der moderierende Wolfgang Schwarzer, "Alterspräsident" der Deutsch-Französischen Gesellschaft Duisburg.

Als nächstes liest am Donnerstag, 9. November, um 20 Uhr, der 1976 in der Schweiz geborene Jonas Lüscher aus seinem neuen Roman "Kraft". Der Eintritt kostet sechs Euro, im Vorverkauf fünf Euro, Mitglieder des Vereins für Literatur Duisburg haben freien Eintritt.

(hod)
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