Loveparade-Katastrophe Veranstalter Schaller stellt Videos online

Fünf Wochen nach der Katastrophe bei der Duisburger Loveparade geht der schwer in de Kritik stehende Veranstalter Rainer Schaller in die Offensive. Gegen den ausdrücklichen Rat von Staatsanwaltschaft und Polizei-Gewerkschaft stellte Lopavent umfangreiches Videomaterial aus Überwachungskameras ins Internet. Im Zuge dessen werden schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben.

 Rainer Schaller hat bei Sat.1 mit Opfern der Katastrophe geredet.

Rainer Schaller hat bei Sat.1 mit Opfern der Katastrophe geredet.

Foto: AFP, AFP

Auf der Homepage Lopavent ist seit Montagvormittag unter anderem ein rund zehnminütiger Dokumentarfilm zu sehen, in dem der Veranstalter, dem Polizei und Innenministerium die Hauptschuld am Unglück geben, seine Sicht der Katastrophe darstellt.

Zudem sind rund 70 Mitschnitte von Überwachungskameras im beziehungsweise aus der Nähe des Tunnels verfügbar. Das Material mit einer Laufzeit von 22 Stunden kann derzeit von jedermann heruntergeladen werden.

Mit den Filmen versucht Lopavent die Anschuldigungen gegen die Einsatzkräfte der Polizei zu untermauern. Lopavent wirft der Polizei vor, gegen 15.50 Uhr, als sich die Massen stauten, drei Sperrketten eingerichtet zu haben. Zwei dieser Ketten habe es im Tunnel gegeben, eine auf einer Rampe.

"Die Opfer würden noch leben"

Da gleichzeitig der Zustrom von Gästen über die Karl-Lehr-Straße nicht gestoppt wurde, sei es zu dem tödlichen Gedränge gekommen, so die Version Schallers. In der Tat sind auf den Videos zumindest zwei dieser Polizeiketten zu sehen.

Schallers Anklage ist unmissverständlich: Ohne die Polizeiketten würden die 21 Todesopfer noch am leben. Die Polizei bestreitet diese Vorwürfe vehement. "Die Polizei ist nicht schuld an der Katastrophe", sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) unserer Redaktion.

Allerdings hat Lopavent selbst offenbar nicht die Filme aller 16 Überachungskameras veröffentlicht. In der Download-Liste fehlen unter anderem Kamera drei und elf. Aus Rücksichtnahme auf die Opfer und ihre Angehörigen habe man sich zudem auf Videomaterial beschränkt, das vor 16.40 Uhr aufgezeichnet wurde, heißt es auf der Website.

Polizeigewerkschaft reagiert empört

Von Seiten der Polizeigewerkschaft waren die Veröffentlichungspläne aus Gründen der Pietät und Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen scharf kritisiert worden. Doch die Hände der Ermittler scheinen gebunden: "Nach meinen Informationen sieht die Staatsanwaltschaft Duisburg keine Möglichkeit, die Pläne Schallers juristisch zu stoppen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Die Behörde habe aber Schaller in einem Schreiben "dringend aufgefordert, das Material der Überwachungskameras aus Gründen der Pietät und Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nicht zu veröffentlichen". Diesem Wunsch kam Schaller offenbar. Bilder von sterbenden Menschen sind nicht zu sehen.

Zudem bestehe laut Wendt ein erhebliches Risiko, mit den Videoaufnahmen Zeugen der Vorfälle zu beeinflussen. "Herr Schaller manipuliert und verdunkelt, wo er kann. Ihm geht es offenbar nicht um die Wahrheit, sondern nur darum, seinen eigenen Hals zu retten", kritisierte der Gewerkschaftschef weiter.

Schaller will nicht in den Landtag

Schaller selbst kündigte indes an, nicht vor dem Innenausschuss des Düsseldorfer Landtages am Donnerstag zu erscheinen, wenn es erneut um das Unglück geht. Er werde Vertreter seiner Firma schicken. Ihm sei jedoch bewusst, dass er die moralische Verantwortung habe.

"Ich war Veranstalter, und die Menschen wären nicht gestorben, wenn die Veranstaltung nicht gewesen wäre. Wer Schuld hat, muss juristisch geklärt werden, selbstverständlich stelle ich mich auch hier der Verantwortung", wird Schaller zitiert.

(csi/swf)
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