Nachwuchs im Zoo Wie das Duisburger Delfinarium die Wissenschaft bei der Arterhaltung unterstützt

Duisburg · Die Tierhaltung von Delfinen in zoologischen Anlagen ist seit jeher umstritten. Erst vor kurzem gab es eine aufsehenerregende Protestaktion von Aktivisten im Duisburger Zoo. Eben dort ist nun ein männliches Jungtier geboren worden. Wie es ihm geht.

 Die sechsjährige Debbie brachte ein männliches Jungtier zur Welt.

Die sechsjährige Debbie brachte ein männliches Jungtier zur Welt.

Foto: Zoo Duisburg/S. Gräfen

Die Delfinfamilie im Zoo Duisburg hat ein neues Mitglied. In der Nacht von Samstag auf Sonntag brachte die sechsjährige Debbie, die selbst in Duisburg geboren wurde, ein männliches Jungtier zur Welt.

„Für uns ist jeder Nachwuchs ein ganz besonderes Erlebnis. Wir begleiten viele von unseren Tieren von Geburt an und haben zu allen unseren Schützlingen eine intensive Beziehung, die von Respekt, Liebe und gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. Man kann sagen: Sie sind für uns wie Familienmitglieder“, erzählt Kerstin Ternes.

Die Zootierärztin und Kuratorin für Meeressäuger ist mit der bisherigen Aufzucht des jungen Delfins sehr zufrieden. „Debbie kümmert sich vorbildlich um ihr Jungtier, hält Kontakt zum Nachwuchs und begleitet das Delfinkind zum regelmäßigen Atmen an die Wasseroberfläche.“

Delfinexpertin Ternes weiß aber auch um die Herausforderungen der Aufzucht eines kleinen Delfins – im ursprünglichen Lebensraum wie unter geschützten Bedingungen im Delfinarium: „Junge Delfine kommen ohne ausreichend schützendes Immunsystem auf die Welt, die ersten Lebenswochen sind daher entscheidend.“

Das Wissen und die Erfahrung im Umgang mit Jungtieren erlernte Debbie, die am 24. Dezember 2015 in Duisburg geboren worden ist, in den vergangenen Jahren bei der Aufzucht von Dobbie (2016) und Dora (2020). „Insbesondere bei Dora hat Debbie viel gelernt und setzt diese Erfahrungen nun mit dem eigenen Nachwuchs um. Es macht uns stolz zu sehen, wie unsere gewachsene Familiengruppe so etwas ermöglicht“, betont Ternes.

Die Aufzucht von Großen Tümmlern ist eine besondere Herausforderung, denn Jungtiere kommen ohne ausreichend funktionierendes Immunsystem auf die Welt. Antikörper zur Abwehr von Infekten erhalten neugeborene Delfine daher ausschließlich über die Muttermilch, bis das eigene Immunsystem ausgebildet ist.

Die ersten Lebenswochen des kleinen Tümmlers werden besonders intensiv von den erfahrenen Tierpflegern beobachtet. Säugefrequenzen, Atemzeiten sowie Verhaltensweisen zwischen Mutter und Jungtier werden erfasst. Die gesammelten Daten erweitern das Wissen über Delfine und werden der internationalen Fachwelt zur Verfügung gestellt.

Aber nicht nur die Aufzucht von Jungtieren ist Studieninhalt im Duisburger Delfinarium. Die wissenschaftliche Arbeit mit den Tieren dient Artenschützern weltweltweit als Grundlage. So wurden in Duisburg beispielsweise die Haftbarkeit von GPS-Trackern mittels Saugnapf an Delfinhaut erprobt. Mit den Geräten können unter anderem Wanderrouten von Walen und Delfinen verfolgt werden. Das klappt aber nur, wenn die Geräte auch halten. Eine Studie, die im ursprünglichen Lebensraum unmöglich gewesen wäre, heißt es vonseiten des Duisburger Zoos.

In Delfinarium am Kaiserberg wurde auch ausprobiert, wie Delfine auf reflektierende Netze reagieren. Sind die Tiere in der Lage solch speziell beschichtete Fischernetze über Echoortung zu erkennen kann es helfen, dass weniger Delfine in solchen Netzen verenden.

„Darüber hinaus konnten Forscher bei uns grundlegende Erkenntnisse zum Kommunikationsverhalten von Delfinen sammeln. Mit diesem Wissen kann die Gruppenzugehörigkeit von Delfinen festgestellt werden und hilft, das Leben im Familienverband noch besser zu verstehen. Diese Beispiele unterstreichen die Bedeutung der wissenschaftlichen Arbeit von anerkannten Delfinarien“, heißt es in der Pressemitteilung des Duisburger Zoos.

In einem Video, das die „Vegan Strike Group“ von ihrer Aktion verbreitete, waren vier Personen zu sehen, die in Neoprenanzügen das Becken betraten und ihre Plakate mit Aufschriften wie „Delfine zurück ins Meer“ in Richtung Publikum hielten.

Der Duisburger Zoo reagierte seinerseits mit einer Anzeige auf die Aktion. „Für derartige Aktionen, bei denen eine mögliche Gefährdung der Gesundheit unserer Tiere billigend in Kauf genommen wird, haben wir keinerlei Verständnis“, sagte Zoodirektorin Astrid Stewin. „Das hat nichts mit Tierliebe oder Engagement im Artenschutz zu tun.“

Bei Facebook rechtfertigten sich wiederum die Aktivisten. „Das Ziel der Aktion ist es, die Öffentlichkeit über das Leid hinter den Delfinshows zu informieren“, schrieben sie dort auf Englisch. Die Tiere müssten für die Shows bewusst hungern, damit sie den Trainern gehorchen und für Nahrung alles tun, was von ihnen verlangt wird.

Mehrfach hatten unterschiedliche Tierschutzorganisationen bereits gegen die Delfinshows in Duisburg protestiert. Auch die Aktivisten der „Vegan Strike Group“ waren 2016 schon einmal in das Showbecken geklettert.

(dab)
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