Duisburg Tüten packen bei der Duisburger Tafel

Duisburg · Täglich kommen 130 Menschen nach Hochfeld in den Tafel-Laden. Schokolade und Äpfel sind dort Luxus.

Ein Tag bei der Duisburger Tafel beginnt früh: Fünf Fahrer fahren in den Morgenstunden los, um in Märkten Lebensmittel einzusammeln, die sonst auf dem Müll landen würden. Im Tafel-Laden an der Brückenstraße werden sie an Bedürftige verteilt.

Camembert, Müsli-Kartons, Brötchen, Brotlaibe, Tomaten, Gurken, Kohlköpfe, Feldsalat, Äpfel, Bananen, Ananas und Schokolade – Ute Abbas, Mitarbeitern bei der Tafel, trägt prall gefüllte grüne Klappkisten in den Tafel-Laden und befüllt die Regale. Tampons sind dabei und sogar Pampers und Spülmittel. Ihre ehrenamtliche Kollegin Dien Hoang Dong nickt zufrieden. Mit den Waren werden sie heute vielen Menschen eine Freude bereiten. Menschen, für die Wurst und Schokolade Luxus sind.

Ute Abbas und Dien Hoang Dong gehören zum Tafel Team an der Brückenstraße 30 in Hochfeld. Sie verteilen die Waren, die Supermärkte spenden, an Bedürftige: Brote vom Vortag, Obst und Gemüse mit kleinen Makeln oder Waren, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum bald abgelaufen ist – Lebensmittel, die auf dem Müll landen würden. "Wir arbeiten mit rund 100 Firmen zusammen, die uns Waren spenden", verdeutlicht Günter Spikofski, Geschäftsführer der Duisburger Tafel. Es sei kein Geheimnis, dass Lebensmittelhändler durch die Zusammenarbeit mit den Tafeln jedes Jahr stattliche Summen an Entsorgungskosten für unverkäufliche Ware sparen würden. "Jeden Tag liefern unsere Fahrer fast fünf Tonnen Lebensmittel. Manchmal mehr und manchmal auch weniger. Aber genug haben wir immer."

Es ist kur vor 10 Uhr: Die Türen zur Ausgabestelle sind noch verschlossen, doch schon jetzt scharren die Menschen mit den Füßen. Alle sind mit einem Abholausweis ausgestattet, der jedes Mal zunächst kontrolliert werden muss. Hier sind der Name, die Haushaltsgröße und die Kinderzahl vermerkt. Pünktlich um 10 Uhr werden die Türen geöffnet und der Ansturm ist enorm. "Täglich kommen etwa 130 Familien oder Alleinstehende zu uns", so Günter Spikofski.

Die meisten scheinen sich zu kennen. Sie begrüßen sich und fragen, wie irgendetwas gelaufen ist, worüber sie offenbar schon in der Vorwoche gesprochen hatten. Ganz weit vorne stehen vor allem Mütter mit ihren Kindern, an ihren Buggies baumeln leere Tüten. Die Männer sind meist besser ausgestattet und kommen gleich mit großen Einkauftrolleys, um später alles nach Hause zu transportieren. Die Gesichter der Hilfsbedürftigen sind teils von tiefen Sorgenfalten gezeichnet. Ein Schmunzeln, als sie mich zwischen den ihn bekannten Mitarbeiterinnen stehen sehen, können viele nicht unterdrücken. "Natürlich kennen uns die Menschen. Wenn da mal jemand neues kommt, fällt der gleich auf", sagt Ute Abbas, die als Festangestellte bei der Tafel tätig ist. Vielleicht hatte ich nicht zu unrecht morgens lange überlegt, was man am besten anzieht, wenn man Menschen bei der Tafel gegenübertritt.

"Heute habe ich etwas ganz Leckeres für sie", sage ich zu einer Mutter von vier Kindern und sie schaut mich mit erwartungsvollem Blick an. Als ich ihr eine gefrorene Sahnetorte in ihre Einkaufstüte packe, spüre ich Dankbarkeit und beginne mir Gedanken über mein Verhältnis zu Lebensmittel zu machen. Ein Besuch im Supermarkt, bei dem man einkauft, wonach einem gerade der Magen schreit, ist für diese Menschen unvorstellbar. "Hier bezahlen die Bedürftigen maximal drei Euro", verdeutlicht der Geschäftsführer. "Alleinstehende oder Alleinerziehende zahlen lediglich einen Euro." Im Minutentakt werden die Regale neu befüllt, denn immer wieder treffen die Fahrer ein, die neue Lebensmittel antransportieren. Günter Spikofski: "Bis 13 Uhr muss natürlich ausreichend Essen zur Verfügung stehen. Erst dann schließen wir den Tafel-Laden und bereiten uns auf den nächsten Tag vor."

Viele der Mittellosen sehen beim Verlassen des Tafel-Ladens zufriedener aus. Aber schwere Zeiten scheinen die Seele zu zeichnen. Mit gesenktem Kopf und tiefen Tränesäcken aber gefüllten Einkaufstüten entfernt sich eine junge Mutter vom Ladenlokal an der Brückenstraße und sagt nur mit monotoner Stimme: "Bis zum nächsten Mal."

(RP)
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