Kein Geld für Schüleraustausch Türkische Gäste sind ausgeladen

Duisburg · Duisburg unterhält das Austauschprogramm "Die weiße Stahlbrücke" mit der türkischen Stadt Aydin. 2010 wurden rund 15 Jugendliche aus Duisburg in der Türkei aufgenommen. 14 Tage vor dem Gegenbesuch heißt es jetzt: Duisburg hat kein Geld – alles wird abgesagt.

 Elisabeth Bauer (hinten) mit Tom (17) und Janine (18). Die beiden Jugendlichen waren von der Gastfreundschaft in der Türkei völlig hingerissen: "Die kamen so liebevoll, so hilfsbereit auf uns zu." Die bunten T-Shirts waren Gastgeschenke. Jetzt werden die Austauschpartner herb enttäuscht.

Elisabeth Bauer (hinten) mit Tom (17) und Janine (18). Die beiden Jugendlichen waren von der Gastfreundschaft in der Türkei völlig hingerissen: "Die kamen so liebevoll, so hilfsbereit auf uns zu." Die bunten T-Shirts waren Gastgeschenke. Jetzt werden die Austauschpartner herb enttäuscht.

Foto: Andreas Probst

Duisburg unterhält das Austauschprogramm "Die weiße Stahlbrücke" mit der türkischen Stadt Aydin. 2010 wurden rund 15 Jugendliche aus Duisburg in der Türkei aufgenommen. 14 Tage vor dem Gegenbesuch heißt es jetzt: Duisburg hat kein Geld — alles wird abgesagt.

Rumeln-Kaldenhausen Vor einem Jahr waren Janine (18) und Tom (17) aus Rumeln-Kaldenhausen für zwei Wochen in der Türkei. Sie wohnten in Hotels und wurden in Restaurants verköstigt, feierten auf einer Hochzeit und unternahmen Ausflüge, immer zusammen mit einem guten Dutzend weiterer Jugendlicher aus Duisburg und ebenso vielen türkischen jungen Leuten. "Wir haben jeden Tag Programm gemacht, von morgens bis abends. Wir waren zusammen in einer Moschee, wir haben die Bräuche des Landes richtig kennengelernt", erzählt Janine.

Im Gegenzug sollten die türkischen Jugendlichen Duisburg besuchen: Für den 21. Juli war ihre Ankunft geplant. Aber daraus wird nichts: Wie die Stadt den Beteiligten gerade mal 14 Tage vor dem Termin mitteilte, fehlt dafür das Geld.

"So kann man nicht mit den Leuten umgehen! Wie stehen wir als Stadt Duisburg da?", fragt Mutter Elisabeth Bauer wütend. Die türkischen Gastgeber hätten sich darauf verlassen, dass die Deutschen Wort halten. "Davon sind wir als Eltern ebenfalls ausgegangen, und so erziehen wir auch unsere Kinder." Das sei eine Frage des Anstands.

Es scheitert an 2493 Euro

Auch in Kreisen der Stadtverwaltung wird die Sache hinter vorgehaltener Hand als "unsäglicher Vorgang" bezeichnet. Karl Janssen, Leiter des städtischen Dezernats für Familie, Bildung und Kultur, sieht es genauso: "Ich finde das alles unmöglich", sagt er. "Aber mir sind die Hände gebunden, ich darf das Geld nicht freigeben."

In der Vergangenheit sei der Austausch immer mit 6120 Euro durch das Land gefördert worden. Dieser Zuschuss wurde nun um exakt 2493 Euro gekürzt. Das Geld zu bezahlen wäre eine "Freiwillige Leistung", und die darf die Stadt wegen ihrer Schuldenlage nicht erbringen.

Dass die Absage so kurzfristig kam, begründet Janssen mit Verwaltungsvorgängen. Die Weisung, den Austausch abzusagen, kam Anfang Mai. Das endgültige Aus habe aber erst am 5. Juli festgestanden.

Es passieren Grausamkeiten

Die 18-jährige Janine fühlt sich schlecht, wenn sie sich in die Lage ihrer Gastgeber versetzt: "Ich würde mich völlig ausgenutzt fühlen."

"Sie haben uns alles bezahlt, und wir holen sie jetzt nicht zu uns", ergänzt ihr Bruder Tom. Abgesehen davon wurde viel Aufwand in den Sand gesetzt: Seit Monaten planen die Deutschen ein Programm für ihre Gäste. Urlaube wurden dafür eingereicht, Reisen verschoben, die Flüge der Gäste sind lange gebucht.

Karl Janssen sieht den Stadtrat in der Verantwortung: "Wenn die Politik nicht endlich über Parteigrenzen hinweg zu einem Konsens zur Haushaltskonsolidierung kommt, passieren solche Grausamkeiten." Duisburgs Jugendarbeit, prophezeit er, könnte dann noch weit Schlimmeres bevorstehen — es werde nach dem Rasenmäherprinzip gespart.

(RP)
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