Duisburg Traumzeit mit Licht und Schatten

Duisburg · Das runderneuerte Traumzeit-Festival zog am Wochenende Tausende Besucher in den Landschaftspark Nord. Das Publikum war bei weitem nicht so jung, wie es mancher im Vorfeld erwartet hatte.

Traumzeit-Festival 2013 in Duisburg
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Traumzeit-Festival 2013 in Duisburg

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Was vor Jahren mit Weltmusik und Jazz im einzigartigen Ambiente des alten Meidericher Stahlwerks begonnen hat, ist in ein Festival verwandelt worden, das im weitesten Sinne Popmusik bietet. Beim Versuch, Kommerz und Anspruch unter einen Hut zu bekommen, wechselten sich bei der ersten Ausgabe ohne künstlerische Leitung in einem breitgefächerten Programm Licht und Schatten ab.

Wie unterschiedlich man mit deutschen Texten umgehen kann, zeigten Nachwuchssongwriter Max Prosa, der die eher zerbrechliche Variante wählte, und Tomte-Sänger Thees Uhlmann, der sich mit seinen Soloprogrammen zum veritablen Deutschrocker entwickelt hat — inklusive Marlon-Brando-Gedächtnis-Outfit. Ein Paradebeispiel für die Kombination von Niveau und Eingängigkeit war der Auftritt von Konstantin Groppers Projekt "Get Well Soon" in der Gießhalle.

Eher belanglos und blass wirkte an gleicher Stelle der gefällige Soul von Lukas Graham aus Dänemark. Die mit großen Vorschusslorbeeren angekündigte Gruppe fand dennoch ein zufriedenes Publikum. Auch Young Rebel Set wurde für Mainstream-Musik mit Folkrockwurzeln beklatscht, konnte aber nicht lange fesseln.

Der Andrang in der Gebläsehalle, der so groß war, dass der Einlass mehrfach gestoppt werden musste, bewies, dass auch differenzierte Klänge gefragt waren. Die Dänin Agnes Obel sorgte hier mit schlichten, klassisch inspirierten Kammerfolksongs für einen willkommenen Ruhepunkt. Viel Beifall gab es für Kai Schumachers Heavy-Metal-Bearbeitungen am Konzertflügel. Der Hochgeschwindigkeits-Fusionjazz der Japanerin Hiromi glitt dagegen wie befürchtet schnell in eine hochvirtuose Materialschlacht ab. Für Farbe im Programm sorgten buchstäblich die Dirty Honkers auf der Gratisbühne am Gasometer. Mit viel Mut zum schlechten Geschmack inklusive einem Fast-Striptease des fülligen Sängers Gad Baruch präsentierte der israelisch-kanadisch-französische Dreier aus Berlin seinen tanzbaren, aber auf Dauer auch eintönigen Electro-Swing. Mit gewagten Kostümen frischten auch die Freakfolk-Erfinderinnen der Band CocoRosie ihr Programm auf. Ihre Musik war eindeutig mehr Freak als Folk, herausragend ein Solo des grandiosen Beatboxers TEZ.

Bedauerlicherweise spielten am Freitag zwei der interessantesten Bands über weite Strecken gleichzeitig: Die mitreißende Mischung aus Weltmusikbestandteilen, Elektronik und dröhnenden Bässen in der Musik von Skip & Die setzte am Gasometer einen tanzbaren Schlusspunkt, während in der Gießhalle das Kyteman Orchestra mit einer eigenwilligen Mischung aus Klassik, Rap, Bombast, Filmmusik und Jazz faszinierte. Musik, die auf überraschende Weise unerwartete Brücken schlägt — hier war die Traumzeit dann doch noch nah an ihren Wurzeln.

(RP/top)
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