Duisburg Tränenpresse für die Steinkohle

Duisburg · Gestern Abend wurde der Wechselausstellungsbereich des Museums Küppersmühle wiedereröffnet. Zu sehen ist im Rahmen des Ausstellungsverbunds "Kunst und Kohle" eine Hommage an Jannis Kounellis.

 Michael Sailstorfer schuf die Tränenpresse für die Steinkohle. Wie ein Lazarett wirkt die Rauminstallation von Jannis Kounellis. Museumsdirektor Walter Smerling präsentiert die Raum-Installation von Anselm Kiefer.

Michael Sailstorfer schuf die Tränenpresse für die Steinkohle. Wie ein Lazarett wirkt die Rauminstallation von Jannis Kounellis. Museumsdirektor Walter Smerling präsentiert die Raum-Installation von Anselm Kiefer.

Foto: F. Ullrich/ P. Klucken (2)

Die Ausstellung, die gestern Abend im Museum Küppersmühle eröffnet wurde, war ganz anders geplant. Bereits vor sechs Jahren hatte Museumsdirektor Walter Smerling den aus Griechenland stammenden Künstler Jannis Kounellis, einer der ganz Großen der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, für ein Ausstellungsprojekt in der Küppersmühle gewinnen können. Als das große Verbundausstellungsprojekt zum Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland ("Kunst & Kohle"), an dem sich 17 Museen in 13 Städten der Ruhrregion beteiligen, konkret wurde, war auch Jannis Kounellis Feuer und Flamme. Gegenüber Smerling kündigte er an, in der Küppersmühle eine ganz neue Kohle-Ausstellung zu inszenieren. Wie es seine Art war, wollte Kounellis nicht nur ein Ausstellungskonzept erstellen, dessen Verwirklichung er Helfern überlässt, vielmehr wollte selber an der Ausstellung Hand anlegen. Drei Wochen wollte er im Museum auch wohnen, einschließlich der Übernachtungen auf einem Feldbett. Alle Pläne wurden durch den Tod Kounellis im Februar 2017 zunichte. Zunächst wollte Smerling die gesamte Ausstellung absagen. Doch reifte schließlich ein anderes Ausstellungsprojekt: eine Hommage an Jannis Kounellis.

Duisburg: Tränenpresse für die Steinkohle
Foto: Peter Klucken

Im Mittelpunkt stehen nun Werke Kounellis aus privaten und öffentlichen Sammlungen in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Italien und der Schweiz. Diesen Arbeiten werden Werke von hochkarätigen Künstlern gegenübergestellt, die mit Kounellis zusammen gearbeitet hatten oder die mit ihm befreundet waren. Gemeinsam ist allen Arbeiten, dass sie auf irgendeine Weise mit dem Werkstoff Kohle arbeiten.

Seit den 60er Jahren arbeitet Kounellis, der 1936 in Piräus geboren wurde, mit Kohle als Werkstoff. Während seiner Jahre als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie (1993 bis 2001) verwendete Kounellis bei seinen Arbeiten ausdrücklich nur Kohle, Erz und Stahl aus dem Ruhrgebiet. Im Katalog zur aktuellen Ausstellung (203 Seiten, 29 Euro) wird Kounellis künstlerischer Weggefährte Günther Uecker zitiert: "Jannis Kounellis hat als Künstler die Kohle zum Glühen gebracht." Kounellis sagte über seinen Ansatz: "Eisen und Kohle stellen für mich die Materialien dar, die am besten die Welt der industriellen Revolution und damit die Ursprünge der heutigen Kultur widerspiegeln."

Walter Smerling und der Mitkurator Ferdinand Ulrich sagen es so: "Die Ausstellung zu Jannis Kounellis ist eine Hommage nicht nur an einen großen Künstler, sondern zugleich auch an die Heimatregion von Kohle und Stahl."

Kounellis gehörte zu den wichtigsten Vertretern der Arte-Povera-Bewegung. Aus an sich wertlosen Alltagsgegenständen und Fundstücken schuf er beeindruckende, oft sehr poetische Installationen. Kraftvoll und poetisch wirken auch die Werke, die man nun in der Küppersmühle sehen kann. Einiges mag verspielt und romantisierend wirken, anderes wirkt aufrüttelnd. Zu den beeindruckendsten Arbeiten gehört eine Rauminstallation, die wie ein Lazarett für lungenkranke Bergleute wirkt.

Zu den Künstlern, die sich an der Hommage an Kounellis beteiligen, gehört Anselm Kiefer, der einen Raum mit jenen Pflanzen zeigt, aus denen einst Kohle entstanden ist. Kiefer wählte Sonnenblumen. Bernar Venet, der mit Kounellis befreundet war, verwandelt einen Raum in eine Werkstatt, die er gestern mit zwei "Stahlarbeitern" für eine Performance nutzte. Michael Sailstorfer kommentiert den Abschied von der Steinkohleförderung halb ernsthaft, halb ironisch mit einer Presse, die aus Kohlen Tränen gewinnen soll.

Am 28. Oktober endet die Ausstellung mit einer Finissage: Dann verbrennt der Künstler Timm Ulrichs in einem speziellen Ofen, der vor dem Museum steht, Kohlen.

(pk)
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