Duisburg "Tiger & Turtle": angekommen

Duisburg · Es ist Kunst, erinnert aber an eine Achterbahn, war ein Projekt der Kulturhauptstadt Europas Ruhr 2010, wurde vor einem halben Jahr eröffnet und inzwischen von 100 000 begeisterten Menschen begangen: das Monument "Tiger & Turtle - Magic Mountain" von Heike Mutter und Ulrich Genth auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe, einer ehemaligen Halde in Wanheim.

"Tiger & Turtle" bei Sonnenschein
14 Bilder

"Tiger & Turtle" bei Sonnenschein

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Gerade erschien im renommierten Verlag Hatje Cantz ein Buch über "Tiger & Turtle". Die Buchvorstellung veranlasste jetzt eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion im Museum DKM. Teilnehmer waren Prof. Dr. Martin Warnke, emeritierter Professor für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg, Prof. Dr. Wolfgang Ullrich, Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, Prof. Dr. Karen van den Berg, Professorin für Kunsttheorie und inszenatorische Praxis an der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen, der Künstler Ulrich Genth und Dr. Söke Dinkla, Kunsthistorikerin und Kuratorin bei der Stadt Duisburg, moderiert von dem Journalisten Dr. Jörg Biesler.

Sehr schnell kam die Diskussion von den allgemeinen aktuellen Erwartungen an Kunst im öffentlichen Raum zu dem konkreten Duisburger Kunstwerk. Söke Dinkla betonte, mit dem Projekt habe eine "Wunde" in dem ehemaligen Industriegebiet geschlossen werden sollen. Damit werde ein neues Kapitel der Kunstgeschichte aufgeschlagen: Zum ersten Mal werde bei Kunst im öffentlichen Raum die Kluft zwischen Kunstwerk und Betrachter aufgehoben. Von vielen Besuchern werde "Tiger & Turtle" gar nicht als Kunst wahrgenommen, und das sei ja auch möglich und gut so.

Martin Warnke, seines Zeichens ein Urgestein der Kunstgeschichte, fand es besonders interessant, dass der "Sockel" dieses "Denkmals" das Wichtigste sei, denn er besteht aus versiegeltem Sondermüll und Giftstoffen, während der obere Teil eigentlich keine Aussage habe. Wolfgang Ullrich gab zu bedenken, man könne "Tiger & Turtle" durchaus als Denkmal für die zu Ende gehende Epoche der Freizeitindustrie lesen. Ulrich Genth als einer der beiden Künstler berichtete, im Internet werde die "langsamste Achterbahn der Welt" weltweit lebhaft diskutiert. Außerhalb des Ruhrgebiets gebe es noch andere — zum Teil widersprüchliche — Deutungen als die als einen Beitrag zur Identität, zum Beispiel als ökologische Anti-Achterbahn.

(hod)
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