CO2-Minderung bis 2050 um 80 Prozent Auf dem Weg zum „grünen“ Stahl

Bereits in den nächsten Wochen soll bei thyssenkrupp erstmals Wasserstoff in Hochofen 9 geblasen werden.

 Der Hochofen  9 (links) soll schon bald mit Hilfe von Wasserstoff schadstoffärmer produzieren.

Der Hochofen 9 (links) soll schon bald mit Hilfe von Wasserstoff schadstoffärmer produzieren.

Foto: VISUM

Stahl ist grau. Stahl ist „old economy“ (wörtlich: alte Wirtschaft). Doch jetzt erlebt der Werkstoff eine Renaissance – das hoffen zumindest die Beschäftigten von thyssenkrupp. Die Unruhe im Konzern habe auch in der Belegschaft für wachsende Sorgen gesorgt, erklärte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol am Donnerstag am Rande von zwei Betriebsversammlungen. Das größte Problem des Gesamtkonzerns sei momentan die Geldknappheit. Dies soll sich bekanntlich durch den Verkauf der Aufzug-Sparte in Gänze oder eines Teils wieder ändern. „Der Erlös muss im Konzern bleiben und investiert werden, auch im Stahlbereich – und zwar in Anlagen und in Personal“, so Nasikkol. Keinesfalls dürften Anteilseigner wie Cevian Capital über eine Sonderdividende Geld aus dem Konzern abziehen. „Allein dafür würden wir auf die Straße gehen“, so der Arbeitnehmervertreter.

Um den Stahl wettbewerbsfähig zu halten, gehe kein Weg an einer deutlich geminderten CO2-Emission bei der Stahlproduktion vorbei – und das sei eben auch mit höheren Kosten und Investitionen verbunden. „Bis 2050 wollen wir den Kohlendioxid-Ausstoß in der Stahlproduktion um 80 Prozent senken“, sagte Nasikkols Stellvertreter Horst Gawlik. Das Problem dabei: Auch der Einsatz von Wasserstoff soll möglichst CO2-arm sein. „Wir könnten selbst eine Anlage zur Herstellung großer Mengen von Wasserstoff bauen“, so Gawlik. Eine solche Anlage benötigt aber viel Strom, und der müsse schon aus regenerativen Energien kommen, damit die Schadstoffbilanz stimmt. Eine weitere Option wäre die Herstellung von Wasserstoff im Norden Deutschlands – dann bräuchte man aber eine Pipeline bis ins Stahlwerk. Eine weitere Alternative wäre, den benötigten Wasserstoff per Schiff von Rotterdam über den Rhein zu transportieren. „Das macht aber nur Sinn, wenn auch die Schiffe mit Wasserstoff angetrieben werden“, so Gawlik.

Der Test für den nun möglichen Einsatz von Wasser- statt Kohlenstoff am Hochofen koste rund 2,7 Millionen Euro, 40 Prozent davon habe das Land gefördert. Weitere Investitionen seien notwendig – das gelte auch für die Grobblech-Produktion in Hüttenheim, die nach den Vorstellungen des Vorstands bekanntlich auf dem Prüfstand steht. „Wir haben dort das Problem, dass man die Anlage Stück für Stück hat ausbluten lassen. Das ist nicht Schuld der Belegschaft oder des Betriebsrats“, so Nasikkol. Wenn in die Anlage investiert werde, könne auch wieder pünktlich in der Qualität geliefert werden, dass man mit dem Grobblech auch wieder Geld verdienen könne. Eine Schließung sei keine Lösung: „Das kostet richtig Geld“, so der Gesamtbetriebsratsvorsitzende.

 Der GesamtbetriebsratsvorsitzendeTekin Nasikkkol.

Der GesamtbetriebsratsvorsitzendeTekin Nasikkkol.

Foto: Mike Michel

Thema der Betriebsversammlung war auch die Forderung nach einem Tarifvertrag „Zukunft 2.0“. Der ursprüngliche Tarifvertrag Zukunft war durch die geplatzte Fusion mit Tata Steel obsolet geworden. Die Ergänzungsvereinbarung dazu gilt nur bis zum Jahresende. Nun fordert der Betriebsrat eine neue Stahlstrategie. „Reine Restrukturierungspläne und harte Sparprogramme lehnen wir ab.“

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