Duisburg Tänzerischer Waldspaziergang

Duisburg · Die beiden in Duisburg lebenden Tänzer und Choreografen Avi Kaiser und Sergio Antonino bringen ein neues Stück heraus, das in ihrer Wahlstadt Duisburg vorläufig nur als Vorpremiere im Atelier "The Roof" zu erleben ist.

 Probenszene aus "Wald Variationen", gestern im Tanzatelier "The Roof" aufgenommen.

Probenszene aus "Wald Variationen", gestern im Tanzatelier "The Roof" aufgenommen.

Foto: andreas probst

Waren es einst nur die "Bäume", denen sich das Kaiser/ Antonino Dance Ensemble choreografisch widmete, ist es heute ein ganzer "Wald". "Wald Variationen" heißt nämlich die neue Produktion des Duisburger Tanz-Duos "and Guest Artists", die am nächsten Dienstag, 30. Oktober, um 19 Uhr bei "The Roof - TanzRaum", Springwall 4, in Duisburg-Mitte Vorpremiere hat. Der Eintritt ist frei.

"Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen", ist eine umgangssprachliche Redensart, die so viel heißt wie etwas Offensichtliches nicht bemerken oder Naheliegendes nicht sehen und damit den Blick auf das Wesentliche versperren.

Daraus abgeleitet entstand 2009 für die Duisburger Akzente die Gemeinschaftsproduktion "Too Many Trees - Cok Fazla Agac", zwischen dem Duisburger Kaiser-Antonino Tanz-Ensemble und der Ciplak Tanzkompanie aus Istanbul, uraufgeführt damals in der Alten Feuerwache in Hochfeld. Dieses Motto könnte gut auch für die Duisburger Kulturpolitik und -administration in Sachen Tanz gelten, diskutiert man derzeit über die Zukunft des Rheinopernballetts und hat man für das einzig freie professionelle Tanzensemble in Duisburg offensichtlich keine Verwendung mehr.

Denn die Premiere der "Wald Variationen" findet nicht in Duisburg statt, sondern im Mülheimer Ringlokschuppen - wie übrigens bereits ihre letzte Arbeit "Carré 18", nie das Licht der Welt in Duisburg erblicken konnte. Später gastiert die Kompanie mit den "Wald Variationen" noch in Krefeld. Allenfalls gibt es die vage Hoffnung, im nächsten Jahr doch noch in der Alten Feuerwache aufzutreten, "ein Ort übrigens, der sich für zeitgenössischen Tanz hervorragend eignet", finden (nicht nur) Avi Kaiser und Sergio Antonino.

"Wald Variationen" ist ein Tanzstück über Räume, Klänge und Bewegungen - innere wie äußere. Gegensätze, Differenzen und Pole, zuweilen deren Gemeinsamkeiten, aber auch deren Aufhebung, versucht die Kompanie zu erkunden. Dafür steht der Wald "als eine klar definierte engbegrenzte Welt" und Experimentierfeld zur künstlerischen Erprobung und Erforschung.

Tänzerisches Aufbäumen

Natur und Urbanität, Wald und Stadt ändern sich: "Galt einst der Wald als gefährlich und die Stadt als sicher, ist es heute eher umgekehrt", sagt Kaiser. Und "war der Wald einst ein unverfälschter akustischer Ort der Natur", fügt Antonino hinzu, "ist er heute durchsetzt von Fremdgeräuschen."

Um diese Form von Klangräumen und diese Art architektonischer Struktur sichtbar und erlebbar zu machen, haben Kaiser-Antonino zwei weitere Tänzer (Lihito Kamiva und Edoardo Ramojno) und eine Tänzerin (Mareike Franz), eine Sopranistin (Janin Roeder) und eine Flötistin (Myriam Graulus) sowie einen Sound- und Bühnendesigner (Wolfram Lakuszus) um sich versammelt. Noch im fragmentarischen Probenprozess befindlich, sieht man aber schon jetzt ein Werk voll choreografischer Verästelungen und tänzerischem Aufbäumen.

Schon zu Beginn der Produktion wird es eindeutig uneindeutig: Wo ist der Bühnenraum, wo der Zuschauerraum? Ist Stille hörbar? Und wenn ja, wie und wo? Was haben altprovenzalische Minnesänger-Klänge mit zeitgenössischer Musik eines Salvatore Sciarrino gemeinsam? . "Jeder hat seine eigene Deutung", sagt Antonino. "Deshalb auch der Titel 'Wald Variationen'".

(RP/rl)
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