Duisburg Supermagnete ohne Seltene Erden

Duisburg · Supermagneten treiben Elektromotoren in Autos an und werden in Computern und Mobiltelefonen eingesetzt. Ein Projekt an der Uni Duisburg-Essen versucht jetzt, die Magneten ohne die Verwendung von Seltenen Erden herzustellen.

 Professor Dr. Michael Farle vor dem Transmissionselektronenmikroskop, durch das die Arbeitsergebnisse - die Nanopartikel, die tausendmal kleiner sind als ein Haar dick ist - sichtbar werden.

Professor Dr. Michael Farle vor dem Transmissionselektronenmikroskop, durch das die Arbeitsergebnisse - die Nanopartikel, die tausendmal kleiner sind als ein Haar dick ist - sichtbar werden.

Foto: Amela Radetinac

In nahezu jedem Haushalt sind sie zu finden: Permanentmagnete oder auch Hartmagnete genannt und wenn sie sehr stark sind: Supermagnete. Sie kleben an Kühlschränken, sie treiben Elektromotoren in Autos und in sehr großer Zahl in Elektroautos an, sie werden in Computern und Mobiltelefonen gebraucht.

Das Besondere an diesen Magneten ist, dass sie ihre Magnetisierungsrichtung auch bei sich verändernden äußeren Einflüssen wie Wärme nicht ändern. Verantwortlich dafür sind die darin enthaltenen Seltenen Erden - Metalle wie beispielsweise Samarium und Neodym. Sie werden aus Mineralien gewonnen und bilden im Zusammenspiel mit magnetischen Elementen wie Eisen und Kobalt die Supermagneten.

So selten wie es der Name vermuten lässt, sind sie aber nicht, erklärte Prof. Dr. Michael Farle, Experimentalphysiker an der Universität Duisburg-Essen. Dort leitet er eine Projektgruppe "Rare-Earth Free Permanent Magnets" im Rahmen eines von griechischen Wissenschaftlern koordinierten Konsortiums, an dem auch Wissenschaftler aus Schweden, Frankreich, Österreich, Spanien und den USA beteiligt sind. Es wurde als eines der fünf besten derzeit laufenden EU-Projekte im Bereich "Industrial Technologies" ausgezeichnet.

"Seltene Erden sind an vielen Orten auf der Welt zu finden", erläuterte Prof. Dr. Farle. Eine der größten Schwierigkeiten aber ist, dass diese Metalle mittels Säure abgebaut werden, und das hinterlässt giftigen Schlamm. Je nach Mineral müssten die Überreste abgebaut und gelagert werden, doch das sei eine lösbare Herausforderung. Das Problem ist vielmehr ein wirtschaftliches und politisches: Der Abbau ist sehr teuer, daher förderten ihn nicht viele Länder, sondern kaufen die Metalle zu - bisher hauptsächlich von China. Dort besitzen sie die größten Vorkommen und mit ihrer bestehenden Lieferkette das Quasimonopol. Vor drei Jahren etwa verknappten sie den Markt, trieben damit die Preise nach oben und sorgten für politische Missstimmung.

Aus dieser Situation heraus wurde vor zwei Jahren diese EU-Projektgruppe gebildet und mit über fünf Millionen Euro gefördert. "Mittlerweile ist die Verknappung international kein Problem mehr. Doch die angeschobenen Forschungsprogramme führten bereits zu neuen Materialdesigns, die bei der industriellen Umsetzung enorme Vorteile in der Energieeffizienz bieten werden, da die innovativen Supermagnete sehr viel leichter sind", erläuterte der Physiker. Außerdem entwickelte das Konsortium die neuartigen Materialien mit Blick auf ihren gesamten Lebenszyklus nachhaltig und umweltverträglich, so Prof. Dr. Farle.

Die Lösung fanden sie in Nanomaterialien: "Die Idee war fast trivial", doch zuvor habe einfach der Bedarf noch nicht bestanden. "Früher hatte man außerdem die notwendigen Kenntnisse über magnetische Nanopartikel noch nicht, doch heute können wir ihre Form und ihren Magnetismus designen."

Damit ein Magnet seine Magnetisierungsrichtung nicht ändert, muss seine Struktur eine besondere sein: "Die atomaren magnetischen Momente, vorstellbar als kleine Stabmagnete, müssen alle in eine Richtung zeigen." Erreichbar, beispielsweise durch ihre Anordnung in Stäbchenform. Und ihnen gezielt diese Form zu geben, sind Prof. Dr. Farle und die Projektpartner jetzt in der Lage: Stabilisierten in anderen Kompositformen noch die Seltenen Erden die Magnetisierungsrichtung, können die Wissenschaftler jetzt unter anderem durch chemische Prozesse die benötigte Struktur "aus Nanopartikeln verschiedener chemischer Zusammensetzung produzieren und ihre Form designen."

"Jetzt geht es um die Optimierung und Hochskalierung für die industrielle Produktion", beschrieb der Teilprojektleiter den aktuellen Forschungsstand. Dazu arbeiten die Wissenschaftler mit der "Magnetfabrik Bonn" zusammen, die auf die Herstellung von Dauermagneten spezialisiert ist. "In etwa einem Jahr wird der erste Prototypenmotor vorgestellt werden können", kündigte Prof. Dr. Michael Farle an. So sollte es nicht mehr lange dauern, bis Autos, Elektroautos und Windkraftanlagen von Elektromotoren und Generatoren betrieben werden, die nicht nur umweltschonend und günstiger sind, sondern auch um ein Vielfaches leichter und dadurch energieeffizienter.

(amra)
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