Ex-Trainer Tuchel Zeuge im BVB-Prozess "Ich saß im Bus, Watzke nicht"

Dortmund · Im Prozess um den Bombenanschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund haben am Montag mehrere Spieler sowie Ex-Trainer Thomas Tuchel als Zeugen ausgesagt. Sie alle saßen im Mannschaftsbus, als am 11. April 2017 drei Sprengsätze detonierten.

Im Prozess um den Bombenanschlag auf einen Bus der Mannschaft von Borussia Dortmund haben am Montag, 19. März 2018, mehrere Spieler ausgesagt. Hier gibt es Bilder aus dem Gericht.     Ex-BVB-Trainer Thomas Tuchel im Landgericht in Dortmund.

Im Prozess um den Bombenanschlag auf einen Bus der Mannschaft von Borussia Dortmund haben am Montag, 19. März 2018, mehrere Spieler ausgesagt. Hier gibt es Bilder aus dem Gericht. Ex-BVB-Trainer Thomas Tuchel im Landgericht in Dortmund.

Foto: dpa/Bernd Thissen

"Wären Sie, wenn der Anschlag nicht stattgefunden hätte, zumindest noch über den Sommer hinaus Trainer beim BVB geblieben?" Diese Frage stellt Oberstaatsanwalt Carsten Dombart am Montag im Dortmunder Landgericht dem ehemaligen BVB-Trainer Thomas Tuchel. "Davon würde ich ausgehen", sagt der 44-Jährige.

Tuchel und der BVB waren getrennte Wege gegangen, kurz nachdem sich im April der Anschlag auf die Mannschaft des Bundesligisten ereignet hatte. Der Staatsanwalt fragt den ehemaligen Trainer nach den Umständen der Trennung. Der Anschlag und der Umgang des Vereins mit diesem seien Gründe gewesen, sagt Tuchel. "Es gab einen großen Dissens, das hat Watzke ja auch öffentlich gesagt. Man muss dazu sagen: ich saß im Bus, er nicht. Dadurch hatten wir eine komplett andere Herangehensweise - ohne ihm einen Vorwurf machen zu wollen."

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Ihm sei der Anschlag bis heute nicht so nah gegangen, sagte Tuchel weiter. Er habe sich am nächsten Tag bereit gefühlt, das Spiel gegen den AS Monaco zu coachen. "Aber der Zustand der Mannschaft war am nächsten Morgen so, dass es keinen Sinn gemacht hat, zu spielen."

Anschlag habe sich auf die Leistung der Spieler ausgewirkt

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Foto: rpo, Julian Omonsky

Er sei davon überzeugt, dass sich der Anschlag auf das Leistungsvermögen der Spieler ausgewirkt habe. "Ein Psychologe hat uns nach dem Wochenende gesagt, dass Anschlagsopfer in den ersten Tagen nicht in eine Situation gebracht werden sollten, die sie an den Anschlag erinnert. Aber da saßen wir ja schon längst wieder im Bus." Zwei weitere Spiele hatte die Mannschaft da schon bestritten: Einen Tag nach dem Anschlag war das Champions-League-Spiel nachgeholt worden und am Wochenende stand ein Bundesliga-Spiel gegen Frankfurt an.

Der Angeklagte Sergej W. hat gestanden, drei Bomben gebaut, in einer Hecke am Mannschaftshotel L'Arrivée versteckt und bei der Abfahrt des Teambusses gezündet zu haben. Der 28-Jährige beteuert jedoch, er habe niemanden töten wollen. Der damalige BVB-Verteidiger Marc Bartra hatte einen Bruch des Unterarms erlitten.

Spieler kritisieren Verein

Thomas Tuchel im BVB-Prozess in Dortmund: "Ich saß im Bus, Watzke nicht"
Foto: AP/Shizuo Kambayashi

Am Montag sagten im Prozess auch mehrere Spieler aus. Ex-BVB-Verteidiger Felix Passlack wirkt angespannt, als er auf dem Zeugenstuhl Platz nimmt. Der 19-Jährige spricht leise. Er saß Marc Bartra direkt gegenüber damals im Mannschaftsbus. "Wir sind gerade vom Hotel abgefahren, da gab es nach ein paar Metern einen lauten Knall, Marc Bartra hat geschrien", sagt er. "Ich habe versucht, mich zu schützen, hab mich auf den Boden gelegt und bin vom Platz weggekrabbelt."

In der Zeit nach dem Anschlag habe er Angstzustände gehabt. "Ich konnte auch lange nicht schlafen, hab draußen immer geschaut, ob mich jemand verfolgt", sagt der Spieler, der inzwischen in Hoffenheim spielt. Auch heute kämen ab und zu die Bilder von jenem Tag wieder hoch, "dann hab ich auch wieder Angstzustände".

"Ich hab gerufen: Jungs, hier ist grad ne Bombe hochgegangen"

Sven Bender sagt ebenfalls als Zeuge aus. Er spielt inzwischen für Bayer Leverkusen. "Ich saß mittig im Bus und hab nach draußen geschaut, so wie ich das immer mache. Dann gab es einen lauten Knall, ich hab direkt in ein grelles Licht geschaut." Eine Druckwelle habe ihn nach links gedrückt. "Ich hab gerufen: Jungs, hier ist grad ne Bombe hochgegangen."

Er habe nach vorn zum Fahrer gerufen: "Fahr mit dem Scheißbus weiter." Der 28-Jährige entschuldigt sich beim Vorsitzenden Richter Peter Windgätter für seine Ausdrucksweise, aber so sei es gewesen.

Weiter kritisiert Bender den späteren Umgang mit dem Attentat. Im Nachhinein finde er es "unglücklich", dass der BVB bereits am Tag nach dem 11. April 2017 das Champions-League-Spiel gegen AS Monaco habe nachholen müssen, erklärte der 28-Jährige.

Weiter sagte er: "Ich glaube, wir haben alle einen großen Fehler gemacht."

Die Spieler hätten ja durchaus die Möglichkeit gehabt, nicht zu dem Nachholspiel anzutreten. Diese Chance sei vertan worden.

"Wir sind noch in der Nacht zu Marc ins Krankenhaus. Keiner hat geschlafen", erzählt BVB-Kapitän Marcel Schmelzer. Die Fahrt zum Spiel am nächsten Tag sei schlimm gewesen. "Da hat keiner an das Spiel gedacht.

Wir waren danach einfach nur froh, zu unseren Familien nach Hause zu können."

(hsr/dpa)
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