Soziokulturelles Zentrum in Duisburg Aktivisten rufen um Hilfe

Duisburg · Die Planer des Soziokulturellen Zentrums sind in finanziellen Schwierigkeiten. Ein dringend benötigter Ratsbeschluss ist noch immer nicht in Sicht. Wie geht es jetzt weiter?

 Aktivisten in den Räumlichkeiten am Stapeltor.

Aktivisten in den Räumlichkeiten am Stapeltor.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Eigentlich geht die Suche nach einem soziokulturellen Zentrum in Duisburg schon rund zehn Jahre. Nach der Insolvenz des Trägervereins „Alte Feuerwache Hochfeld“ und der Umwandlung des „HundertMeister“ in das privatwirtschaftlich geführte und kommerziell ausgerichtete „Grammatikoff“ – beide Häuser waren ursprünglich mehr oder weniger als soziokulturelle Zentren konzipiert – wurde im Laufe der Zeit der Ruf nach einem solchen Ort in Duisburg immer lauter. Anfang 2019 dachte die mit dem Vorhaben seit Jahren beschäftigte Initiative „DU erhält(st) Kultur“ sie sei mit der Immobilie Stapeltor 6 auf der Zielgeraden (die RP berichtete mehrfach). Doch weit gefehlt!

Noch immer gibt es keine Beschlussvorlage der Stadtverwaltung dazu, geschweige denn einen Beschluss vom Rat der Stadt. Auch die von der Initiative besorgten Bundesmittel über 22.000 Euro, so Christian Wagemann von „DU erhält(st) Kultur“, „sind weg. Sie hätten spätestens Ende Februar gegen Nachweis einer kulturpolitischen Entscheidung der Stadt abgerufen werden müssen. So können wir ab heute keine Miete mehr zahlen.“ Ob sich zumindest dafür auf der heutigen Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses im Rathaus, der wegen der Corona-Krise als Ersatz für den Rat der Stadt tagt, ein Fürsprecher und eine Lösung findet, da ist Wagemann mehr als skeptisch. „Seit Wochen arbeiten wir im Stapeltor, entwickeln Veranstaltungsformate, treten in finanzielle Vorleistungen – und sind jetzt wie andere von der Corona-Pandemie betroffen, aber existenziell bedroht.“

„Wir sind so nah dran, wie nie zuvor.“ Das waren die Worte von Duisburgs (Noch-) Kulturdezernent Thomas Krützberg vor einem Jahr, nämlich am 4. April vergangenen Jahres auf einer Akzente-Diskussionsveranstaltung im „Projektraum 47“ auf der Münzstraße. Schon eine Woche später gab es einen Antrag der SPD-Ratsfraktion im Kulturausschuss, mit dem die Verwaltung gebeten wurde, „zur nächsten Sitzung des Kulturausschusses ein Konzept zum Start einer Erprobungsphase eines Soziokulturellen Zentrums in Duisburg zu erarbeiten.“ In besagter Sitzung, die den Antrag einstimmig (!) beschloss, kündigte Krützberg an, dass die Verwaltung zur nächsten Sitzung eine beschlussreife Vorlage vorlegen werde, wenn bis dahin alle offenen Fragen, insbesondere die zum Baurecht, geklärt seien.

Weil aber seitens des Kulturdezernats noch Klärungsbedarf, vor allem hinsichtlich des vorgelegten Zahlenwerkes zum Soziokulturellen Zentrum bestand, gab es keine Vorlage für den Kulturausschuss am 6. Juni. Doch sollten die vorgelegten Zahlen nach interner Prüfung belastbar und der Bedarf haushalttechnisch gegengerechnet seien, könne eine entsprechende Beschlussvorlage in die Ratssitzung am 1. Juli eingebracht und damit noch rechtzeitig verabschiedet werden, sagte Krützberg damals im Gespräch mit dieser Zeitung. Das war aber nicht der Fall.

Am 19. September stand das Thema dann erneut auf der Tagesordnung des Kulturausschusses – allerdings nicht zur Beschlussfassung. Dort stellten nämlich die Bündnis-Vertreter Wagemann und Luise Hoyer den aktuellen Sachstand der Planungen zum Soziokulturellen Zentrum dar und erhielten Dank und große Anerkennung bis Zustimmung von den Fraktionen FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke für die bisher geleistete Arbeit. Die nächste Kulturausschusssitzung am 12. November verstrich jedoch, ohne dass das Thema auf der Tagesordnung stand.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fasste sich ein Herz und stellte zur Ratssitzung am 25. November stattdessen einen Antrag, durch den auf der Grundlage des vorgestellten Konzeptes mit der Erprobungsphase Soziokulturelles Zentrum Stapeltor begonnen werden sollte. Der für das Jahr 2020 vorgesehene Zuschuss in Höhe von 200.000 Euro sollte dafür in den Haushalt eingestellt und vorbehaltlich der Genehmigung zur Nutzungsänderung ausgezahlt werden, hieß es weiter in der Vorlage. Der Antrag wurde mehrheitlich jedoch abgelehnt.

Knackpunkt, das zeigte die Aussprache im Stadtrat, einen beschlussfassenden Antrag seitens der Verwaltung in den Rat einzubringen, sei aber nach Krützberg nicht die fehlende Genehmigung zur Nutzungsänderung allein – der dazugehörige Antrag sei Anfang November im Baudezernat eingegangen –, sondern auch weitere bauordnungsrechtliche Fragen sowie das inhaltliche Konzept und die damit verbundene Mittelverwendung der Zuschüsse. Inzwischen war seit April aber über ein halbes Jahr vergangen.

Der vorläufig letzte Akt in der Chronologie der städtischen (Nicht-)Ereignisse war die Nachfrage von Ratsfrau Claudia Leiße (Bündnis90/Die Grünen) zum Sachstand in Sachen Soziokulturelles Zentrum auf der Kulturausschusssitzung am 31. Januar. Dazu heißt es wortwörtlich in der Niederschrift zur Sitzung: „Herr Beigeordneter Krützberg erklärte zum Sachstand Soziokulturelles Zentrum, er habe vor zwei Tagen mit den Verantwortlichen gesprochen, die Initiative habe auf eigene Kosten seit dem 1.1.2020 bereits das Untergeschoss angemietet. Der Bauantrag sei inzwischen eingereicht. Die Verwaltung bemühe sich, diesen schnellstmöglich zu bearbeiten.“

„Der Rest ist Schweigen“, heißt es (offenbar nicht nur) im „Hamlet“ von Shakespeare.

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