Duisburg Schwierig, schuldlos zu bleiben

Duisburg · Der Journalist und Romancier Dirk Kurbjuweit ("Kriegsbraut") und die Sachbuchautorin Jasna Zajcek, die mit einer Undercover-Reportage aus einem US-Army-Trainingslager Furore gemacht hatte, lasen und sprachen im Stadtmuseum über das Thema "Soldatinnen".

 In der Mercator-Kulisse des Kultur- und Stadthistorischen Museums lasen, sprachen und diskutierten (v.l.): Gabriele von Arnim (Moderation), Dirk Kurbjuweit und Jasna Zajcek.

In der Mercator-Kulisse des Kultur- und Stadthistorischen Museums lasen, sprachen und diskutierten (v.l.): Gabriele von Arnim (Moderation), Dirk Kurbjuweit und Jasna Zajcek.

Foto: andreas probst

Das Zitat war vor 30 Jahren in Deutschland höchst populär. Es es geht auf den amerikanischen Schriftsteller Carl Sandburg zurück und heißt übersetzt: "Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin." Mit diesem Zitat eröffnete die Journalistin Gabriele von Arnim als Moderatorin den Literatur- und Gesprächsabend mit Jasna Zajcek und Dirk Kurbjuweit am vergangenen Donnerstagabend im Kultur- und Stadthistorischen Museum. Diese Veranstaltung war zugleich die letzte in der Reihe "Kriegsbefangen. Literatur und die Gegenwart des Krieges" des Literaturbüros Ruhr in Duisburg.

Moralische Fragen

Drei Journalisten, die alle zugleich auch schriftstellerisch arbeiten, kamen in Duisburg zusammen und sprachen über die Situation von deutschen Soldatinnen in der Welt. Beide — sowohl Zajcek in ihrem mittlerweile vergriffenen Sachbuch "Unter Soldatinnen. Ein Frontbericht" als auch Kurbjuweit in seinem Roman "Kriegsbraut" — haben das Thema "Soldatinnen" zum Inhalt ihrer Werke gemacht. "Als Journalist und Essayist habe ich zum Thema Krieg sehr wohl eine Meinung, die ich auch kundtue", sagt der ehemalige Spiegel-Hauptstadtbüroleiter Kurbjuweit, "als Romancier dagegen überlasse ich die Deutung meiner erzählten Geschichte dem Leser."

Helfer für die Zivilbevölkerung

Sein Roman "Kriegsbraut" erzählt von der deutschen Soldatin Esther, die zum Bundeswehreinsatz nach Afghanistan geht und dort eine Liebesbeziehung mit einem Schulleiter namens Mehsud eingeht. Die von Kurbjuweit ausgewählte und vorgelesene Textpassage ähnelt vom moralischen Ansatz her dem Ereignis des Luftangriffs bei Kunduz im Norden Afghanistans 2009. Ein Offizier einer bei Kunduz stationierten Bundeswehreinheit forderte seinerzeit einen Bombenabwurf an, der von zwei US-amerikanischen Flugzeugen ausgeführt wurde, bei dem aber mehrere Zivilisten getötet und verletzt wurden. "Es gibt Situationen, aus denen man nicht unschuldig herauskommt. Im Krieg ist es schwierig, Entscheidungen zu treffen und dabei schuldlos zu bleiben", sagt Kubjuweit zu diesem Vorgang.

Zajcek, die mit einer Undercover-Reportage aus einem US-Army-Trainingslager in Bayern den renommierten "CNN Journalist Award 2005" erhielt, kennt solche Situationen aus eigener Erfahrung. Sie hat nämlich ein Jahr lang Soldatinnen während deren Ausbildung und Einsatz an verschiedenen Kriegsschauplätzen in der Welt begleitet und dabei einen Monat lang selbst die Allgemeine Grundausbildung der Marine-Offiziersanwärterin durchlebt. Sie stellt dagegen vielmehr die Frage nach der "Verpflichtung des Volkes den Verpflichteten gegenüber" und plädiert dafür, jeden "Kriegseinsatz moralisch zu überdenken" und statt als "Kriegsführer, eher als militärischer Ausbilder und die Zivilbevölkerung beschützender Helfer aufzutreten."

Auf die Frage der Moderatorin an die beiden Autoren, ob es denn Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Soldaten an der Front gäbe, sagten diese übereinstimmend: "Kämpfende Frauen verhalten sich im Gefecht wie ihre männlichen Kollegen."

(RP/ac)
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