Duisburg Schießerei wegen Schutzgeld

Duisburg · Vier Verletzte, zwei Festnahmen – Bilanz einer Schießerei unter Türken am Osteingang des Hauptbahnhofs. Die Polizei untersucht nun die Hintergründe. Schutzgelderpressung spielt dabei vermutlich die Hauptrolle.

Samstagmorgen, kurz nach halb fünf. Der Taxifahrer, der am Osteingang des Hauptbahnhofs auf Fahrgäste wartet, traut seinen Augen nicht: Fünf Männer laufen aus der Gaststätte „Mey Ney“ an der Otto-Keller-Straße, unter ihnen drei offensichtlich Verletzte. Es wird hektisch. Lärm, laute Rufe, wüste Beschimpfungen. Plötzlich dreht sich einer der Flüchtenden noch einmal um, zückt eine Waffe und schießt ungezielt in Richtung des Eingangs. Der Taxifahrer alarmiert die Polizei.

Die trifft an der Kammerstraße, am Kreisel Neudorfer Straße / Neue Fruchtstraße und kurz vor der Koloniestraße vier türkische Männer im Alter zwischen 29 und 48 Jahren, drei von ihnen mit Schussverletzungen. Alle werden ins Krankenhaus gebracht. Einem wird eine Kugel aus dem Schulter-/Rückenbereich entfernt. Auf eigenen Wunsch verlässt der Angeschossene das Krankenhaus quasi direkt vom OP-Tisch aus. Ein anderer Mann hat zwei Einschüsse im Bein, ein dritter erleidet einen Oberschenkeldurchschuss. Der vierte kommt mit einer fünf Zentimeter tiefen Stichverletzung im Gesäß davon.

Der Wirt und der Kellner (33) werden festgenommen. „Ihnen wird gemeinschaftlich versuchter Totschlag in drei Fällen vorgeworfen“, so der ermittelnde Staatsanwalt Martin Hein. Hintergrund ist vermutlich eine Schutzgelderpressung unter Türken. So hatte der Wirt bereits Anfang 2007 eine entsprechende Anzeige bei der Polizei gemacht, später aber nicht mehr mit den Beamten zusammenarbeiten wollen. Nachdem der 40-Jährige das Lokal zwischenzeitlich geschlossen hatte, eröffnete er es im Oktober erneut. Es soll dort regelmäßig Veranstaltungen mit Live-Musik gegeben haben.

Angefangen hatte alles gegen vier Uhr morgens. In der türkischen Gaststätte halten sich „zehn bis 15 Personen“ auf, so Hubert Ensing, Leiter der Mordkommission. Zu diesem Zeitpunkt betreten sieben Türken das Lokal. Sie sollen „aggressiv“ gewirkt haben. „Die gute Stimmung sei sofort verflogen. Alle Gäste dachten: Jetzt gibt’s Ärger“, sagte Ensing. Vier der Männer setzen sich an einen Tisch, einer begrüßt den Wirt per Handschlag mit den Worten: „Komm’ zu uns an den Tisch. Wir haben zu reden.“ Als der Wirt erklärt, man habe nichts zu bereden, kommt es zum Tumult. „Über den genauen Hergang gibt es widersprüchliche Aussagen“, erklärte Staatsanwalt Hein gestern. Fest steht, so Hubert Ensing, dass der Wirt als Erster schießt. Er übergibt der Polizei einen Revolver. „Es handelt sich um eine Magnum vom Kaliber .357, die mit 38 Millimeter-Spezialmunition bestückt wird.“ Doch dazu passende Patronenhülsen finden die Beamten nicht. Sie zählen allein 17 Einschläge in die Decke und diverse Einschüsse ins Mobiliar. Fünf sind vom Kaliber 7.65, zehn Hülsen stammen von einer Gas- oder Schreckschusswaffe. Nun müssen die Projektile zugeordnet werden – viel Arbeit für die Spurensicherung. (Seite A 3)

(RP)
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